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Gimli



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BeitragVerfasst am: Fr 08 Okt, 2004 08:46 Antworten mit ZitatNach oben

Ich denke, so findet man sie besser wieder, als wenn man den Diskussionsthread durchsuchen muß.


Zuletzt bearbeitet von Gimli am Fr 08 Okt, 2004 08:46, insgesamt einmal bearbeitet
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Gimli



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BeitragVerfasst am: Fr 08 Okt, 2004 08:46 Antworten mit ZitatNach oben

Marius riß die Haustür auf. Es war kalt draußen, und es stürmte seit schon einer halben Stunde. Der Schnee, der herunterkam, hatte die Straßen und Gärten mit einer dicken, weißen Watteschicht überzogen, daß er mit seinem Handwagen kaum durchgekommen war. Ab morgen würde er wohl den Schlitten nehmen müssen, um die Zeitungen auszuteilen.

Mit eiskalten Händen versuchte er, die Knöpfe seiner Jacke zu öffnen, dann zog er sie doch über seinen Kopf - bis die Finger aufgetaut waren, hätte er schon einen See aus Schmelzwasser hinterlassen. Schnell hängte er den nassen Stoff in die Dusche und zog die warmen Hausschuhe an. Ein Blick in den Spiegel in der Garderobe bewies ihm, er hatte wieder diese verhaßten Apfelbäckchen, die ihn so "süß" erscheinen ließen. Wie ein Puttenengel mit seinen Pausbacken, dachte er und wandte sich von seinem Spiegelbild ab.

"Hallo, mein Götterbote," begrüßte Andreas ihn und nahm ihn kurz in die Arme. "Ich hab mir schon gedacht, daß du völlig durchgefroren sein mußt. Komm, setzt dich mit ins Wohnzimmer, ich hab schon mal Wasser aufgesettz und den Ofen angeheizt."

Dankbar sah Marius seinen Freund an. Schon seit einiger Zeit war es mehr als Freundschaft, was sie verband. Auch wenn er dieser Art Beziehung keinen Namen geben konnte, so fühlte er sich doch wirklich wohl in ihrer kleinen 2-Personen-WG.

"Karamelltee, grünen Tee, Früchtetee, schwarzen Tee... Was möchtest du?" hörte er Andreas in der Küche aufzählen.

"Haben wir noch Weihnachtstee da?" fragte er zurück und bekam ein zustimmendes Brummen als Antwort. Marius zog die dicken, gestrickten Socken seiner Oma an die Füße und setzte sich an den Kamin. Die Ofenwärme begann ganz langsam, ihn durchzuwärmen, und der heiße Becher, den Andreas ihm gerade gab, ließ auch seine Finger langsam auftauen.

Der Tee duftete nach Zimt und Nelken, und ein wenig nach Lebkuchen und Spekulatius, und einfach lecker nach Weihnachten. Andreas suchte noch etwas im Schrank und ging dann hinter ihm zum Tisch. Und im nächsten Augenblick stand der Adventskranz neben dem Ofen, und die erste Kerze brannte.

Sie wohnten erst seit Beginn des Semesters zusammen. Auch Wenn sie sich schon länger kannten, hatten sie sich doch erst in den letzten Wochen und Monaten wirklich kennengelernt. Sie hatten zusammen Herbstmilch gesehen, weil Andreas unbedingt wollte, und den Herrn der Ringe ebenso wie Terminator und Shrek.

Und sie hatten abends im Herbst zusammen am Kamin gesessen, den Luxus, für den sie beide gern bereit waren, unangenehme Arbeiten wie Zeitungen austragen oder Aushilfe im Gemüsegroßmarkt anzunehmen. Das Bafög würde für eine Wohnung wie diese nie ausreichen, aber es war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick gewesen, als sie diese drei Zimmer mit Küche und Bad besichtigt hatten.

Andreas begann, seine Füße warmzureiben. Er wußte ganz genau, was Marius mochte, und wie sich sein Mitbewohner und Freund nach dem Zeitungenaustragen entspannen konnte. Marius' Blick wanderte durch ihr kleines Wohnzimmer, zum gut gefüllten Bücherregal. Seine Füße wurden langsam warm, er fühlte schon das bekannte Kribbeln in ihnen, während er die alten Jugendbücher betrachtete, von denen er sich nicht trennen konnte, und die Abenteuerromane, die Andreas unbedingt in ihrem Wohnzimmer haben wollte.

Und dieses kleine getöpferte Etwas, das seine Nichte ihm geschenkt hatte. Alexandra war jetzt vier, und hatte ihm im Sommer ihre Krauchschleiche geschenkt. Was das wirklich war, konnten sie beide nicht aus dem kleinen Mädchen herausbekommen, aber sie war so unglaublich stolz, als sie die verdrehte und blunt (bunt
glasierte Figur präsentierte, daß sie einen Ehrenplatz bekommen hatte.

Gleich neben dem Zwergenroß, das Marius als Kind geschnitzt hatte. Er war fürchterlich unbegabt gewesen, und dafür war dieses Ding auch objektiv gesehen nicht allzu schlecht geraten.

Andreas hatte inzwischen die Fußwärmemassage aufgegeben und setzte sich mit seinem Teebecher neben ihn. Dicht neben ihn, so dicht, daß sie sich an den Seiten berührten. So saßen sie oft zusammen und sahen in die lodernden Flammen des Kamins - und tranken Tee. Langsam schlich sich ein Arm um Marius' Rücken.

Noch immer konnte er ihrer Freundschaft, ihrer Beziehung keinen Namen geben, aber er fühlte sich wohler als je zuvor.

***
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BeitragVerfasst am: Fr 08 Okt, 2004 10:46 Antworten mit ZitatNach oben

Hanna ist ein junges, nettes Mädchen,
doch momentan hat sie rote Apfelbäckchen.
Die hat sie vom langen spazieren im Schnee
deshalb kochte sie einen warmen Weihnachtstee.

Doch erst mal zum Anfang der Geschichte
Bevor ich hier groß weiterdichte.
Hanna war nämlich weiß wie eine Wand,
was ihr so garnicht gut stand..

Sie ging also auf die Suche nach einer Krauchenschleiche,
sie hatte gehört so was soll helfen gegen die Winterbleiche.
Sie wollte die Krauche nicht mit den Händen tragen.
deshalb zog sie los mit ihrem kleinen Handwagen

Unterwegs, auf ihrer Suche nach dem Wesen,
ist Hanna auch mal schwach gewesen.
Da kam Hermes vorbei, der freundliche Götterbote
Ein netter Kerl, sein Charm hatte eine besondere Note.

Er saß auf einem Zwergenross,
ein Anblick den jeder gern genoss.
Der Gott auf einem kleinen Pferd,
das nicht seines Standes war wert.

Er sagte: junge Dame komm mal her,
holde Maid wer bist Du? Sag mir wer?
Ich bring Dich gerne heim, Du liebes Kind.
Mein Zwergenross ist schnell wie der Wind.

Da musste Hanna laut lachen,
sie glaubte nicht solche Sachen.
Ich hab doch den Handwagen dabei.
Wie soll ich mich halten, mit nur einer Hand frei.

Hermes, der nette Götterbote,
verstand nicht diese Zote.
Pikiert erläuterte er mit Leidenschaft,
dass auslachen keine Freunde schaft.

Da setze sich Hanna mit rotem Kopf geschwind,
auf das Ross, das wirklich schnell war wie der Wind.
Zuhause sicher und schnell angekommen,
war sie von der Geschwindigkeit benommen.

Der Götterbote, war darüber hoch beglückt
und von Hannas Häuschen ganz entzückt.
Er führte Hanna schnell in einem wilden Tanz
herum um den riesengroßen Adventskranz.

Hanna wollte sich danach nicht lumpen lassen
und versuchte wieder klare Gedanken zu fassen.
Hermes war ein warhaft edler Gott
doch sie wahr eigentlich bankrott

Da suchte Hanna im Keller und im ganzen Haus
nach Zutaten für einen leckeren Schmaus.
Sie fand Kartoffeln, Eier, Schmand und Mehl
Das waren keine Reichtümer, das war kein Hehl.

Doch dachte sie bei sich, für diesen Knilch,
koche ich einfach eine leckere Herbstmilch.
Sie setzte sich auf ihren Küchenhocker,
und kochte die Herbstmilch leicht und locker.

Beglückt über diesen guten Schmaus,
Tanzte der Götterbote durchs ganze Haus.
Durch den Tanz und durch die Ofenwärme,
Bekam er rote Ohren und Wind im Gedärme.

Da musste Hanna wieder laut lachen,
denn sonst passierten nur ihr solche Sachen.
Hermes der edle hatte eine seltsame Anziehungskraft,
ihr war klar sie empfand für ihn mehr als Freundschaft.

Sie zündeten die Kerzen am Adventskranz an
und stimmten ein lustiges Liedchen an.
Auch Hermes war froh bei Saft und Weihnachtstee
und schlug Hanna vor: Ich mach Dich zu meiner Fee.

So lebten sie glücklich und immerdar
und bekamen eine ganze Kinderschar.

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Hochdeutsch ist ein Dialekt, den kein anständiger Schwabe in den Mund nimmt.

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BeitragVerfasst am: Mo 11 Okt, 2004 20:36 Antworten mit ZitatNach oben

Ein nebliger Novembertag. Die Sonne vermochte die feuchten Schwaden nur unzureichend zu durchdringen. Feuchtigkeit tropfte von den kahlen Zweigen, die wie tot dastehenden Bäume verzweifelt der Wärme entgegenstreckten. Es war einer der Tage, an denen ein Platz in wohliger Ofenwärme nicht zu verachten war. Zeit für Geschichten und vielleicht schon ein Tässchen Weihnachtstee mit etwas Rum verdünnt (damit er trinkbar würde). Wer kein Haus hatte, baute sich nun keines mehr. Wer einsam war musste es bleiben, oder sich, wie einst die Grille, jemanden suchen, bei dem er aus oder in Freundschaft einen Winter wohnen könnte.
Dumpfe Stille betäubte die Ohren – wessen Ohren, da doch niemand seinen Fuß vor die Türe setzen würde, der noch bei rechtem Verstande war. Dumpfe Stille ließ auch das Rumpeln eines Handwagens nur spärlich durchdringen. Welcher arme Tropf kämpfte sich durch das helle Dunkel, des freien Atem beraubt, ohne Sicht auf alles, was weiter als drei Klafter entfernt lag. Zebrion der „Götterbote“. Ja, es war Zebrion auf seinem Weg ins Nirgendwo. Er kam täglich hier vorbei. Er suchte täglich das Nirgendwo. „Irgendwo muss es sein“, pflegte er zu sagen. „Irgendwo liegt nirgendwo. Nirgendwo liegt irgendwo.“ Und so war es. „Zebrion, verweile doch, du bist so...“ Doch Zebrion stapfte, seines Weges sicher, unbeirrt weiter, seinem Nirgendwo entgegen.
Ein nebliger Novembertag. Die Sonne vermochte die kalten Schwaden nur unzureichend zu teilen. Feuchtigkeit rann von den toten Zweigen verlassener Bäume, verzweifelt der Wärme entgegengestreckt. Es war einer dieser Tage, an denen ein Platz am prasselnden Kamin nicht zu verachten war. Zeit für Geschichten und die erste Kerze auf dem Adventskranz. Wer kein Haus hatte, baute sich nun keines mehr. Wer einsam war, sollte sich Gäste zu einem Teller Herbstmilch einladen.
Dumpfe Stille klang in den Ohren – wessen Ohren, niemand bei Verstande würde seinen Fuß vor die Türe setzen. Dumpfe Stille ließ auch das Rumpeln eines Handkarrens nur eben durchdringen. Welches bedauernswerte Geschöpf kam durch das helle Dunkel, des freien Atem beraubt, wie blind im weißen Dickicht. Eine Krautschleiche schlängelte sich durch altes Gras. Dummes Ding. Deine Schwestern haben sich schon lange der Winterstarre hingegeben und träumen dem Frühjahr entgegen, der nächsten Häutung oder dass sie endlich das Mammut fingen. Diese indes, kroch in einen Spalt im Mauerwerk auf der Suche nach etwas Wärme. Törichtes Biest. Zebrion war auf seinem Weg ins Nirgendwo. Er kam täglich vorbei. Er suchte das Nirgendwo. „Irgendwo muss es sein“, pflegte er zu sagen. „Zebrion, verweile doch...“ Doch Zebrion, seines Weges sicher, zog unbeirrt weiter, einem Nirgendwo entgegen.
Ein nebliger Novembertag. Die Sonne vermochte mit ihren Strahlen kaum den fetten Dunst zu durchdringen. Tau tropfte von den kalten Zweigen, der kahlen Bäume und Sträucher, die sich suchend der Wärme entgegenstreckten. Es war die Zeit, in der man nicht nah genug am Ofen sitzen konnte, um heißen Grog zu trinken und alten Geschichten zu lauschen. Wer kein Haus hatte, baute sich nun keines mehr. Wer einsam war musste es lange bleiben.
Dumpfe Stille dröhnte in den Ohren – wessen Ohren, wer würde wohl seinen Fuß vor die Türe setzen? Doch nun drang ein heiserer Laut durch das helle Dunkel; irgendwo kläffte die Töle von Baskerville. Konnte der alte Graf von Saint Germain seinen räudigen Köter nicht endlich einschläfern lassen? Weltgewander Zyniker, der er vorgab zu sein. „Habe Weltreiche fallen sehen.“ Wen interessiert so ein Mist? „Sah die Helden Trojas sterben.“ Als ob er dabeigewesen wäre. „Ich habe das Bernsteinzimmer versteckt.“ Ja, sicher. Lächelt über seine faltigen Apfelbäckchen und erzählt Lügen, die ihm keiner glaubt. Bringt es aber nicht übers Herz, diese gichtkranke Kreatur zu erlösen. Und denkt es sei wahr. Auch das Rumpeln eines Leiterwagens klang gedämpft. Welches arme Wesen quälte sich durch den widerlichen Nebel. Zebrion, der Narr. Ja, es war Zebrion auf seinem Weg. Er kam wohl täglich hier entlang. Als suche er das Nirgendwo. „Irgendwo muss es sein“, sagte er, „jaja.“ Und so war es vielleicht.
„Zebrion, du alter Halunke, bleib stehen und komm herein. Trinke eine Tasse Tee oder Milch mit mir.“ „Es ist ein Herbsttag, wie ich keinen...“ „ Sag nicht, dass du keine Zeit hättest. Komm setzte Dich, ich habe mein Zwergenross gemolken.“ „Wo ist dein Stubentiger, liegt er hinter dem Ofen?“ „ Wärme mag er besonders.“ „Ja, es ist Herbst.“ „Milch in deinen Tee?“ „Danke, nein. Hast du Rum?“ „Natürlich.“ „Ohne ist dein Gebräu nicht zu ertragen, und die Milch von deiner Zwergenstute ist mir zu streng.“ So, oder so ähnlich ging es weiter. Die Zeit verging, der Gesprächsstoff auch. Irgendwo liegt Nirgendwo. Zebrion musste weiter. Er trat hinaus in den Nebel. Nahm seinen Wagen und zog los. Nur drei Klafter später war er verschwunden. Es gibt 12 Arten von Nebel. Nicht umsonst hatte ein lokaler Autor einst das Buch „Frl. Carlottas Gespür für Nebel“ geschrieben. Aber es stimmte nicht. Schließlich gab es dreizehn Arten von Nebel, da aber die Menschen hier sehr abergläubisch waren, und dachten, dass bei Nebel die Ãœnnereerdschen kämen, um die Kinder aus der Wiege zu stehlen, sagte es keiner. Aber auch das war Unsinn. Die Ãœnnereerdschen hatten selber genug Probleme, warum sollten sie sich neue dazuholen?
Zebrion, seinen Weg vor Augen, zog sicher weiter, dem Nirgendwo entgegen.
Ein nebliger Novembertag.
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BeitragVerfasst am: Di 19 Okt, 2004 13:01 Antworten mit ZitatNach oben

(Hilfe ein Doppel-Post! Aber trotzdem:)

Ich möchte Euch was von einem Freund erzählen, den ich ab und zu besuche. Er ist nicht einfach zu erreichen, darum sehe ich ihn selten. Er wohnt im Elfenbeinturm der Weisen und der Zauberer. Nicht ganz weit oben, wo die „wichtigen“ Leute wohnen. Eher ziemlich weit unten. Dort hat er einige Räume mieten können, die sonst wohl keiner haben wollte. „Das hat den Vorteil“, sagt er, “dass ich einfach so mit meinem Handwagen ins Dorf laufen kann, um eben mal ‘ne Kleinigekeit einzuholen.“ Zudem werden die Verliese des Elfenbeinturmes gerne unter den Teppich gekehrt, und nur noch wenige wissen von deren grausiger Vergangenheit.

Der Zauberer ist noch recht jung, so scheint es. Wer will allerdings sagen können, wie alt Zauberer nun wirklich sind. Indes wirkt jünger als seine Kollegen, soweit ich sie kenne.

Wie wohnt er nun, „mein“ Zauberer? Da beschreibe ich ersteinmal sein „Gelass“, wie er es gerne nennt. Das meiste spielt sich wohl in seinem Wohnzimmer ab. Ein altes Gewölbe, in dessen Wände er große Fenster gezaubert hat. Dadurch ist der Raum hell und luftig geworden. Allerdings spielt einem im Winter der Schnee um die Füße. Dann stehen wir um seinen „Justus“ und versuchen möglichst viel von seiner Ofenwärme abzubekommen. Das Feuer mag ja grün und magisch sein, aber genug heizen tut es nicht; nur im Sommer lodert es auf, dann wähnt man sich an manchen Tagen in einer Sauna.

Wunderbar ist die Aussicht aus den, nun ja, Wandöffnungen, die andere Leute Fenster nennen würde. Der Zauberer liebt es dort zu stehen und den Menschen im Dorfe zuzusehen. „Die Häuser könnten Spielzeug sein, und die Pferde Zwergenrosse. Schau, das Schild vom Gasthof ist kaum zu erkennen. Man könnte „Zur güldenen Krauchschleiche“ daraus lesen.“ Würde er seine Brille finden, dann könnte er das Schild lesen: „Zur alten Mühle“ steht dort in geschwungenen Lettern.

Schön wie kaum ein anderer, ist der große kupferne Kessel, der stets auf dem Feuer steht. „Ein Schmuckstück von meinem Ururgroßvater, selbstreinigend.“ Die verwegensten Leckereien werden darinnen zubereitet. Wenn ich einen Grog wünsche füllt er mir aus einer großen Kelle eine Glas ein. Ein Becher Weihnachtstee? Spritzige Limonade? Alles kein Problem. Auch sein Kochkünste sind zauberhaft. Er nimmt die zweite Kelle und füllt dir auf, was du möchtest. Wiener Schnitzel, Herbstmilch oder Schnüsch. Alles aus diesem einen kupfernen Kessel.
Wer nun denkt, es sei alles eitel Sonnenschein im Elfenbeinturm, der täuscht sich leider sehr.

Eines Tages öffnete mir der Zauberer die Tür und ich musste doch sehr aufpassen nicht zu lachen. „Was machst du mit einem Adventskranz auf dem Kopf?“ fragte ich ihn. Er schnaubte verächtlich: „Die Stadtwerke haben mir den Strom abgeklemmt. Um etwas Licht zu haben mache ich es wie der alte Goya und habe mir Kerzen auf einen Hut gesteckt.“ Darüber war ich sehr verwundert; normalerweise findet er seine Hüte nie und ich haben schon manches Mal gezweifelt, ob er überhaupt welche besäße. Aber einen Zauberer ohne Zauberhut konnte ich mir nur schwer vorstellen. Als ich ihn eines anderen Tages danach fragte, erklärte er mir, dass ihm Hermes der Götterbote manchmal einen Streich spielen würde und säumig sei, „geliehen“ Sachen zurückzubringen.
Dann und wann, treffe ich bei meinen Besuchen auch Bekannte vom Zauberer. Da gibt es natürlich andere Zauberer, alte, junge, dürr oder mit rosigen Apfelbäckchen, lange weiße Bärte oder kohlrabenschwarzes Haar, geheimnisvolle und auch Spaßvögel, die dich in aller Freundschaft mal in einen Frosch oder in ein Kastenbrot verwandeln, nur um dir zu zeigen, wie sehr sie dich schätzen. Ab und zu kommen auch Weise oder Philosophen vorbei, vom Wissen kurzsichtig und von tiefen Gedanken gebeugt.
Aber das sind andere Geschichten und sollen ein andermal erzählt werden.
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BeitragVerfasst am: Di 26 Okt, 2004 22:27 Antworten mit ZitatNach oben

So und jetzt hab ich auch noch eine Geschichte geschrieben. Eigentlich müsste es die schönste Geschichte sein, weil sie ja auch die schönsten deutschen Worte beinhaltet...;-)

Das hatte er nun von seiner Gutmütigkeit. Er erinnerte sich noch gut an den verhängnisvollen Tag im Sommer. Er saß damals gemütlich im Schatten eines Baumes, aß ein Brot mit Rhabarbermarmelade und beobachtete wie eine Libelle und ein Schmetterling im Sonnenschein um die Wette flogen. Er las die Briefe mit den Wünschen die an ihn gerichtet wurden. Immerhin forderte seine verantwortungsvolle Aufgabe eine gute Vorbereitung und viel Organisation. Er musste frühzeitig die Wünsche sortieren. Besonders die der Kinder waren ihm wichtig. Manche wollten unlösbare Dinge von ihm, diese Briefe sortierte er immer schweren Herzens aus. Selbst er konnte keinen Frieden auf Erden schaffen. Er bekam viele Briefe und es wurden, je älter das Jahr war, immer mehr. Das lag in der Natur der Sache. Im Sommer dachte ja auch kaum jemand an Ihn. Der Sommer war die Zeit, in der er es genoss in aller Gemütlichkeit seine Route für den Winter und den Einsatz seiner Helfer zu planen. Eben an diesem schon erwähnten Tag im Sommer, stand plötzlich der Götterbote Hermes vor ihm mit seiner außergewöhnlichen Bitte: „Weihnachtsmann, leih mir doch bitte deinen fliegenden Schlitten und die Rentiere. Ich habe einen wichtigen Auftrag und mein Zwergenross, ist lahm. Bis Dezember hast Du Deinen Schlitten wieder zurück.“ Der Weihnachtsmann überlegte einen Augenblick: „Dezember ist zu spät. Ich brauche ihn vorher, immerhin muss ich ihn vorher noch generalüberholen. Das letzte Jahr habe ich das nicht getan und dann ist mir doch tatsächlich eine Kufe gebrochen. Hier hast Du ein Vergissmeinicht, wenn es verblüht ist, dann musst Du mir das Gespann zurückbringen. Und denke daran, Du musst vor allem mein Rentier Rudi mit viel Fingerspitzengefühl behandeln er brauch seine Freiheit, sonst wird er bockig und trottet so langsam dahin wie eine Krauchenschleiche. Wenn er einmal beleidigt ist, hilft alles bitten und betteln nicht mehr.“
Der Götterbote bedankte sich, nahm die Rentiere samt dem fliegenden Schlitten und war nicht wieder gesehen. Das Vergissmeinicht musste längst verblüht sein und er war immer noch nicht zurück. Wie stellte sich dieser Kerl das vor? Sollte er, der Weihnachtsmann seine Geschenke mit dem Handwagen ausfahren? Bei aller Freundschaft zu seinem Kollegen, aber langsam wurde er wirklich sauer. Wie immer wenn er wütend wurde, kochte er sich einen Weihnachtstee und eine Herbstmilch. Aber auch das linderte seine Wut, auf den unzuverlässigen Kollegen nicht. Bei seinem täglichen Blick auf die Erde hatte er gesehen wie Kinder in einem Kindergarten bereits einen Adventskranz bastelten und in der Heimat seiner Rentiere lag sogar schon Schnee. Er hatte gehört wie ein kleines Mädchen mit hübschen blonden Zöpfen und rosigen Apfelbäckchen seine Mutter fragte: „Kommt dieses Jahr der Weihnachtsmann zu mir?“ Er kannte das Mädchen sie wünschte sich einen neuen Papa der sie und ihre Mama lieben würde. Er wusste, dass der Vater der Kleinen gestorben war. Solche Wünsche rührten ihn immer zutiefst an, aber er konnte sie nicht erfüllen. Für die Liebe war Amor zuständig, ein ebenso unzuverlässiger Kerl wie der Götterbote, dachte er bei sich.
Er, der Weihnachtsmann, hatte schon alle Geschenke verpackt und seine Habseligkeiten, die er für die Reise brauchte bereitgestellt. Jetzt fehlte nur noch der Schlitten, dann konnte er die Geborgenheit seiner Hütte verlassen und die Geschenke verteilen. Aber wo war Hermes, der unzuverlässige Kerl? Die Zeit wurde langsam knapp.
Er hatte gerade einen Beschwerdebrief an den Götterrat geschrieben, als er das leise, vertraute klingeln seines Rentierschlittens hörte. Der Götterbote war zurück. Vor lauter Freude vergaß der Weihnachtsmann seine Wut, bat den durchgefrorenen Götterboten in seine Hütte damit er in der Ofenwärme wieder aufzutauen konnte. Als sie so zusammen saßen und sich unterhielten, vergaßen sie jeglichen Zwist und Hermes bot sogar an, dem Weihnachtsmann zu helfen. Wenn ihr dieses Jahr einen ungewöhnlichen Begleiter des Weihnachtsmanns seht, dann könnt ihr Euch denken wer es ist.

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BeitragVerfasst am: Do 18 Nov, 2004 21:19 Antworten mit ZitatNach oben

Ich sperre mal den Thread, weil die Runde offiziell beendet ist.

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