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Tieger
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BeitragVerfasst am: Di 25 Okt, 2005 13:44 Antworten mit ZitatNach oben

Ich bin ja diesmal die erste hihi

Herbstblues
Es war ein trüber Nebeltag und Irmchen hatte die Geisterwache zum Volkstrauertag übernommen. So saß sie vor ihrem Leuchtturm zwischen Herbstzeitlosen und einem Fliegenpilz und starrte in den Nebel. Volkstrauertag hieß im Jahr der Geister, dass all ihre Helden gefeiert werden sollten und immer einer Wache hielt, um ihnen den Weg nach Hause zu leuchten. Irmchen dachte an Nick und an all das, was er ihr erzählt hatte von Hogwards und Dumbledore. Sie hatten auf einer Wiese unter einem Korianderstrauch gesessen und er hatte erzählt und sie zugehört. Manchmal war es das Einzige, was man machen konnte. Immer war sie etwas neidisch auf ihren Cousin gewesen, aber nun, da sie gehört hatte, was er so alles erlebt hat bisher… da freute sie sich über ihr ruhiges Leben in ihrem Leuchtturm. Die Zeit, in der der bunte Herbst sich in Regen, Wolken und Nebel verliert, machte Irmchen immer ganz traurig und wehmütig. Ihre Freunde sagten dann immer „Du schiebst den Herbstblues“ Irmchen wusste nicht, ob das stimmte, oder ob die Jahreszeit nicht eigentlich auch dazu da war, mal wieder in Ruhe nachzudenken. Ãœber sich, seine Freunde, die Familie, das Leben…. Frühling und Sommer waren ja immer sehr aktive Monate. Die Gänseblümchen blühten, die Flussmännchen fingen wieder an zu tanzen und es wurde jede Menge Schnickschnack gemacht. Man traf Freunde, ging raus und kam ja eigentlich nur wenig zur Ruhe. Nun, da es draußen immer ekeliger wurde hatte man Zeit so den ganzen Krimskrams zu erledigen, für den man den Rest des Jahres so gar keine Zeit hatte: Briefmarken einsortieren oder Buddelschiffe bauen z.B. und halt auch, sich mal wieder etwas mit sich selbst zu beschäftigen. Irmchen holte die Kaffedose heraus, in der sie ihre Senfpastillen aufbewahrte. Nicht, dass sie sich bei dieser Wache noch erkältete! Gut, dass sie auch eine große Kanne Erbsensuppe mit runter genommen hatte. Sie goss sich eine Tasse ein und sinnierte weiter vor sich hin. „Herbstblues“, dachte sie, „dass ich nicht lache!“ Sie schlürfte genüsslich ihre Erbsensuppe. „Nur weil ich mal etwas mehr nachdenke und nicht nur über die Lustigen Seiten des Lebens? Ich fühl mich wohl – auch, wenn ich mal etwas melancholisch bin.“ Und sie widmete sich weiter ihrem Tiegerbuch. Sollten die Anderen doch denken was sie wollen!

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Crookshanks
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BeitragVerfasst am: Di 25 Okt, 2005 21:34 Antworten mit ZitatNach oben

Der kleine Zauberer lag faul auf dem Bett und sinnierte über sein Leben. Es war viel passiert in diesem Jahr! Er hatte im Frühjahr eine Zwergenfährte verfolgt und tatsächlich eine Zwergentür gefunden und festgestellt, dass die Geschichten über Drachenfeuer, das die Zwerge angeblich bewahrten der Wahrheit entsprachen, ein wenig später hatte er die Tomteskolonie gerettet, die fast an einer Depresionsepedemie zugrunde gegangen wäre, weil der Burgfürst keinerlei Rücksicht bei der Säuberung seines Schlossgrabens genommen und den ganzen Dreck auf die Muttererde geschüttet hatte, die die Tomtes zum nisten brauchten. Mit einer kleinen List hatte er es geschafft, nicht nur die Kolonie zu retten, sondern die Tomtes auch noch zum Hoflieferanten für Bier zu machen, was denen ein beträchtliches Sümmchen und so manche andere Vorteile einbrachte. Aber das Beste an diesem Jahr war als er die kleine Magd vor einem Knarls gerettet hatte. Seither waren hatten die beiden sich jedes Mal, wenn sie sich über den Weg liefen, zugewinkt oder gezwinkert und der kleine Zauberer spürte jedes Mal wie sein Magen einen kleinen Sprung machte. Kürzlich hatte er sich dann den Mut genommen und sie zu einer Kutschfahrt ins Dorf eingeladen. Das war ein schöner und aufregender Tag gewesen.
Zum Dank für diesen Tag, legte ihm die Magd seither immer, wenn sie sein Zimmer aufräumte und sauber machte, ein kleines Geschenk aufs Bett. Mal war es ein Sträußchen aus Gänseblümchen oder Herbszeitlosen, dann ein Buddelschiff, das nächste mal selbstgemachte Senfpastillen heute hatte sie ihm sogar ein wertvolles Tiegerbuch hinterlassen. Wo sie das wohl her hatte?
Plötzlich setze er sich auf. Ihm war plötzlich aufgefallen, dass er immer noch nicht den Namen dieser netten Person wusste. Das musste er sofort ändern. Er zog sich rasch seinen Umhang über und ging los, die Kleine zu suchen. Er hatte heute Nacht Geisterwache, deshalb hatte er sich mittags hingelegt, weil er ja die ganze Nacht aufbleiben musste, aber er konnte sowieso nicht schlafen.
Im Garten ging er zuerst zum Korianderstrauch in der Ecke des Schlossgartens. Er wusste, dass sie sich dort sehr gerne aufhielt, aber er hatte Pech. Er bemerkte zwar einen frisch umgeknickten Fliegenpilz, der darauf hinwies, dass kürzlich jemand dort herumgesessen hat, aber er war wohl zu spät dran. Deshalb ging er zum Bach, der den Schlossgraben speiste, dort traf er auf das alte Flussmännchen, das wild fluchen hin und her hüpfte.
„Was ist los, Flussmännchen?“ fragte der kleine Zauberer. „Ach, die Flussgeister lassen sich ständig neuen Schnickschnack einfallen. Ich will meinem Bruder eine Flaschenpost schicken und jetzt wollen diese unverschämten Gesellen, dass ich sie frankiere. Das habe ich noch nie gemacht! Du hast nicht zufällig eine Briefmarke bei Dir?“erhielt er prompt zur Antwort. Der kleine Zauberer holte aus seinem Umhang, der riesige Taschen hatte, eine alte verbeulte Kaffeedose in der er immer so allerhand Krimskrams mit sich herumschleppte und fand tatsächlich eine leicht verknitterte Briefmarke die er dem Flussmännchen gab. "Ähm, Flussmännchen,“ fragte er zögerlich, „Du hast nicht zufällig die kleine Magd gesehen?“ „Welche Magd?“ Meinst Du die, die immer mit ihren Holzschuhen herumläuft und Radau für eine ganze Trampeltierherde macht oder die kleine, die immer herumwirbelt wie ein Schneeflöckchen im Wintersturm?“ Der kleine Zauberer lächelte bei dem Vergleich und antwortete: „Ich meine das Schneeflöckchen.“ „Doch, die habe ich gesehen. Die ist vorhin mit einem Henkelmann voller Erbsensuppe hinunter zu den Tomtes gegangen. Sie hat mir erzählt dass einer der Kleinen erkrankt ist und sie ihm deshalb die Suppe bringt.“ „Danke,“ antwortete der kleine Zauberer erfreut und machte sich auf den Weg zu den Tomtes.
Was für eine nette Person doch seine kleine Magd war. Sie kümmerte sich um alles und jeden. Auf halber Strecke kam sie ihm singend entgegen. Betont unbeteiligt schlenderte er ihr entgegen und tat so als ob er sie erst im letzten Moment gesehen hätte: „Oh, hallo!“ eröffnete er das Gespräch. Die Magd lief rot an und antwortete: „Wohin gehst Du?“ „Ich mache einen Spaziergang und wohin gehst Du?“ „Ich muss zurück zum Schloss ich habe noch jede Menge Arbeit.“ Die Enttäuschung darüber war anscheinend offensichtlich auf das Gesicht des kleinen Zauberers geschrieben, deshalb fragte die kleine Magd weiter: „Magst Du mich ein Stück begleiten?“ „Oh ja! Gerne!“ antwortete der Zauberer erfreut. Sie schlenderten ein paar Minuten wortlos nebeneinander her, dann fragte sie plötzlich: „Möchtest Du heute Abend zu mir zum Essen kommen, ich habe noch einen riesigen Topf Erbsensuppe und das magst Du doch gerne.“ Traurig antwortete der kleine Zauberer: „Würde ich gerne, aber ich habe heute Geisterwache.“ „Ach, das macht doch nichts, dann kommst Du eben morgen, ich hebe Dir was auf.“ „Ja, lächelte der Zauberer, „morgen komme ich gerne!“ Gut, dann komme doch morgen Abend ins Gesindehaus, dann essen wir dort gemeinsam!“ Sie legten das letzte Stück in angenehmen schweigen zurück. Die Hausdame stand schon am Fenster und rief der Magd zu sie solle sich beeilen, weil sie das Feuer in der Bibliothek nachschüren müsse. Die kleine wollte schon loslaufen, als der Zauberer sie nochmals am Arm festhielt: „Wie heißt Du eigentlich, das wollte ich Dich schon die ganze Zeit fragen.“ Die Magd grinste plötzlich frech: „Leorella, heiße ich, Wie eine Löwin.“ Dann war sie verschwunden. „Leorella wiederholte der Zauberer den Namen. „Das ist ein sehr hübscher Name.“

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Zuletzt bearbeitet von Crookshanks am Di 15 Nov, 2005 09:16, insgesamt einmal bearbeitet
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Tieger
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BeitragVerfasst am: Mi 26 Okt, 2005 01:08 Antworten mit ZitatNach oben

Wie Emily zu ihrem Engel kam

Draußen fielen die ersten Schneeflöckchen und Emily saß auf ihrem Lieblingsplatz am Fenster. Ihr Papa hatte dort direkt unter dem Fenster eine Bank gebaut. Damals, als noch alles in Ordnung war. Wie lange schien das her zu sein? Eine Ewigkeit, wenn man gerade erst 4 Jahre alt war. Diese Bank hatte ein Fach und dort drin bewahrte Emily alles auf, was ihr wichtig war. Allerlei Krimskrams war dort zu finden: ein vertrockneter Kranz aus Gänseblümchen, ein Buddelschiff von ihrem Opa – damals waren sie an der See im Urlaub gewesen, aber das war sicher schon mindestens Monate oder gar Jahre her, ihr Lieblings- Tiegerbuch, eine Briefmarke und eine alte Kaffeedose voll mit Kastanien, Steinen und Muscheln. Aber all das interessierte Emily gerade gar nicht. Draußen war es dunkel und ihre Mama hatte schon vor Ewigkeiten das Licht ausgemacht, doch Emily konnte nicht schlafen. Ihre Eltern hatten sich schon wieder den ganzen Tag gestritten und die Mama hatte geweint. In letzter Zeit war es gar nicht mehr so lustig zu Hause, wenn Papa nach Hause kam. Die Mama hatte Tante Katrin gesagt, dass der Papa nach fremden Frauen richt. „Als ob ich das nicht merken würde, dass er auf einmal nach billigen Parfum richt. Herbstzeitlose oder so etwas!“, hatte sie geschimpft und immer wieder angefangen zu weinen. Als der Papa dann nach Hause kam hat sie nur noch geschrieen und weiter geweint. Papa hat nur traurig dagesessen und die Schultern und den Kopf hängen lassen. Sie haben so lange gestritten, dass Mama sogar die Erbsensuppe auf dem Herd angebrannt ist. Aber Emily hatte sowieso keinen Hunger gehabt. Irgendetwas war nicht in Ordnung und das merkte sie genau. Sie hatte sich mit Lisa, ihrer Lieblingspuppe im Garten unter dem Korianderstrauch versteckt und sich das Buch mit den Flussmännchen angeguckt. Das hat der Papa ihr schon so oft vorgelesen, doch nun kommt er immer erst so spät nach Hause. Meist ist Emily dann schon im Bett. Früher hatte der Papa auch Geisterwache bei ihr am Bett gehalten, doch das machte er auch schon lange nicht mehr. Langsam fing Emilys Bauch an zu knurren. Jetzt hätte sie doch gerne noch etwas gegessen, aber runter traute sie sich nicht und auf dem Nachtschrank lagen nur noch diese ekeligen Senfpastillen. „Ach Lisa“, sagte sie leise zu ihrer Puppe, „wenn ich doch jemanden hätte, mit dem ich sprechen könnte und der mir erklärt, was eigentlich los ist. Warum halten die Großen uns Kinder eigentlich für dumm?“ Ihre Oma hatte immer gesagt, dass man in solchen Situationen beten sollte. Aber der liebe Gott war so weit weg. Sie sah nach oben in den dunklen Himmel und überlegte gerade, ob es vielleicht doch helfen könnte - „Aber wird er mir auch antworten?“ überlegte sie – da sah sie ein Leuchten näher kommen. Es war viel zu klein für ein Flugzeug aber viel zu groß für ein Glühwürmchen. Mehr kannte Emily nicht, was leuchtete und flog. Und dann sah sie ein leuchtendes Wesen mit goldenem Haar und Flügeln. Es war größer als Emily. Es klopfte an das Fenster und Emily war so erschrocken, dass sie schnell das Fenster aufmachte. „Wer bist du?“ fragte sie völlig verdutzt. Ich bin Seraphine dein Schutzengel. Du hast mich gerufen.“, antwortete das Wesen. Emily sah noch verdutzter drein. Sie sollte dieses Wesen gerufen haben? Und war es dann wirklich war, dass jedes Kind einen Schutzengel hatte. Gab es sie also wirklich? War das vielleicht ein Traum? Emily rieb sich ihre Augen, doch der Engel war immer noch da. Sie zwickte sich in den Arm, doch Seraphine verschwand nicht. Emily sah sich ihren Schutzengel an. Sie trug ein rotes Kleid und mit den Schneeflöckchen darauf, sah sie ein wenig wie ein Fliegenpilz aus. Emily lachte. „Was lachst du?“ fragte Seraphine sie. „Glaubst du nicht an mich?“ Emily schüttelte den Kopf und erzählte schnell, was sie so lustig fand. Dann holte sie schnell aus der Puppenecke ihre Lieblingsdecke. Sie war etwas dreckig, aber sie wollte schließlich nicht, dass sich ihr Schutzengel erkältet. Und dann fingen sie an zu erzählen. Emily erzählte Seraphine alles über ihre Eltern und Seraphine erzählte Emily Geschichten aus dem Engelreich. Als Emily langsam die Augen zufielen, brachte Seraphine sie ins Bett. „Und wenn du mich brauchst“, sagte sie zur einschlafenden Emily, „dann brauchst du nur an mich zu denken. Es ist kein Schnickschnack nötig, damit ich dich höre. Wenn du mich brauchst komme ich wieder“ Und Emily schlief zum ersten mal seit langem ruhig ein. Sie hatte nicht einmal Angst, alles könne ein Traum sein, so sicher war sie, dass sie heute Nacht ihren Schutzengel kennen gelernt hatte.

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BeitragVerfasst am: So 30 Okt, 2005 22:48 Antworten mit ZitatNach oben

Es war Herbst geworden, und ich war auf der Durchreise nach weiter fort. Auch wenn es draußen unwirtlich wird, zieht es mich immer nach anderswo. Es liegt sehr an dem Haus, in dem ich wohne. Habe ich schon etwas mehr über dies Haus erzählt? Nur soviel – im Herbst wenn der Sturm ums Haus, und im Haus heult, ist es keine Freude dort zu wohnen. Vor allem bezweifle ich, dass es wirklich immer der Wind ist.
So war ich also wieder unterwegs. Im lauen Frühjahr und im Sommer, ziehe ich es vor, die Nacht im Freien zu verbringen. Das mag ich lieber, als fremde Betten in fremden Häusern.
Allerdings zu dieser und in dieser Zeit war ein festes Dach über dem Kopfe schon die eindeutig bessere Wahl. Da gab es zwar so eine lauschige Stelle unten am Fluss, aber diese mied ich aus gutem Grunde. Der Zauberer - und nicht nur dieser - hatte mir davon erzählt, dass sich im Herbst beim Einbruch der Nacht, wenn der Nebel vom Fluss hochsteigt, die Gonger zur Geisterwacht treffen würden. Diese kennenzulernen, war bestimmt nicht mein Begehr, so entschied ich mich, doch Quartier im Gasthof „Zur alten Mühle“ zu nehmen. Denn beim Zauberer hatte ich mich nicht angemeldet. Seit der Sache, die nach dem Blutspenden passierte, hatte ich etwas Abstand gesucht. Ob zu Recht, kann ich nicht sage.
Schnellen Schrittes ging ich durchs Dorf, vorbei an den kleinen windschiefen Häuschen und den Gärten, wo sich fröhlich die giftigen Herbstzeitlosen neben den letzten Gänseblümchen zeigten. Trotz der kalten Witterung waren nicht alle Vögel geflohen. Einige saßen noch im kahlen Korianderstrauch (Coriandrum sativum) und stritten sich um Kleinigkeiten.
Dabei fiel mir ein, dass ich - mal wieder - beim Packen irgendwelchen Schnickschnack. vergessen hatte. Also machte ich gleich einen Abstecher in den Onkel Ahmet Laden an der Ecke. Dort erstand ich einige Senfpastillen gegen etwaige Heiterkeit, sowie eine hübsche Karte mit einem fetten Fliegenpilz und eine Briefmarke und noch dies und das. Von unterwegs schreibe ich gerne an meine Base, die auch so gerne reiste. Kein Wunder, dass wir uns so selten sehen, aber so bleiben wir doch auf charmant-altmodische Weise im Kontakt. Ganz zu schweigen von der Freude, die man empfindet, wenn man selber liebe Post im Kasten findet.
Im Gasthof angekommen, ließ ich mich gleich in das große Buch an der Rezeption eintragen. Still und heimlich nannte ich es immer “Tiegerbuch“, da es so einen eigentümlichen Einband hatte. Mein Bündel wurde mir aufs Zimmer gebracht und ich begleitete mich gleich in de Gaststube, um einen großen Teller Erbsensuppe zu bestellen.
Wie gut es tat, sich in der lauten und fröhlichen Stimmung aufzuwärmen. Ich war immer gerne hier, denn es herrschte eine freundlichen und familiäre Atmosphäre. Es gab nicht nur gutbürgerlich zu essen, es sah auch alles gutbürgerlich aus. Auf rustikalen Eichenregalen stand Nippes, Krimskrams, Tee- und Kaffeedosen, und auch ein wunderschönes Buddelschiff, dass einst ein Flussmännchen gebaut haben soll. Jedes Mal, wenn ich hier bin, komme ich nicht umhin, mir dieses Buddelschiff anzusehen, ich kenne kein anderes, das so filigran und elfengleich aussieht, wie dieses. Das kleine Kunstwerk mutet leicht wie ein Schneeflöckchen an. so leicht wirkt es. Ob dies Schiffchen der Magnet ist, der die Gäste hierher kommen lässt? Vielleicht geht von ihm ein Zauber aus, der die Lokal füllt...
Im allgemeinen Trubel hing ich meinen Gedanken nach. Sinnierte und träumte vor mich her, bis ich erschrocken feststellte, dass die Gaststube schon fast leer war. Es lag morgen noch ein weiter Weg vor mir, und ich begab mich flugs in mein Zimmer. Ein letzter Blick zurück zu dem geliebten Regal: Ein leichtes, fahles, grünliches Licht ging von dort aus. „Der Zauber des Flussmännchens“, dachte ich bei mir.
Diese Nacht träumte ich wieder schlecht.
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BeitragVerfasst am: Do 03 Nov, 2005 21:22 Antworten mit ZitatNach oben

Herr je! Bald ist es schon wieder so weit,
es droht die schöne Weihnachtszeit.
Die Menschen ziehen hektisch los,
was kauf ich nur, was schenk ich bloß!

Krimskrams, Schnickschnack, Senfpastillen,
für die Freunde, das fordert Einsatzwillen.
Kaffeedosen, Erbsensuppe, Tiegerbuch,
ist vielleicht auch ein guter Versuch.

Korianderstrauch für die Großmama.
ein Bild mit Gänseblümchenpanorama,
für die Tanten in nah und auch fern,
man weiß sie haben sowas sehr gern.

Ein Töpfchen Herbstzeitlose, für die Schwester,
als Dekoration für die Party an Silvester.
Ein Buch mit Flussmännchen für die Kleinen,
damit sie unterm Weihnachtsbaum nicht weinen.

Wenn die ersten Schneeflöckchen fallen,
die ersten Weihnachtsglocken erhallen.
Dann ist Schluss mit lustig in der Stadt.
sie gleicht einem emsigen Bienenstaat.

Eine Karte hier, eine Briefmarke da.
Post vom Nordpol bis nach Florida!
Ein Kissen in Fliegenpilzform,
das entspricht nicht ganz der Norm!

Ein jeder wünscht sich einen Heinzelmann,
weil irgendwann einfach niemand mehr kann
Alle sehen aus wie nach der Geisterwache
oder nach dem Kampf mit einem Feuerdrache.

Doch irgendwann ist auch dieses vorbei,
und es geht zurück ins täglich allerlei.
Doch macht Euch deshalb keine Sorgen.
Der nächste Wahnsinn bleibt nicht lang verborgen!

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BeitragVerfasst am: Di 15 Nov, 2005 09:18 Antworten mit ZitatNach oben

Diese Ruhe war herrlich. Alleine in der Küche. Alle anderen waren zu Bett. Nachts war einfach die beste Zeit zum backen. Man konnte seinen ganzen Krimskrams in Ruhe bereitstellen, und sich herrlich ausbreiten – soweit das in einer WG-Küche mit einem briefmarkengroßen Grundriss denn überhaupt möglich war. Kim nahm die Kaffeedose mit den Gewürzen und roch daran. Alles da. Nelken, Cardamom, Zimt, und ein selbstgepflücktes Zweiglein vom Korianderstrauch und noch dies und das. Dieses wohlige Gefühl, diese Vorfreude! Sollten die anderen auch lästern, und über die „Geisterwache in der Küche“ witzeln, zum Backen brauchte Kim Ruhe, Zeit und Platz. Es hatte Stunden gedauert, aus diesen Fragmenten wieder ein lesbares Rezept zusammenzupuzzlen, aber letztlich war es geschafft. Irgendwo zwischen Stofftieren, vertrockneten Kastanien und dem alten Buddelschiff hatte Kim einige Fetzen Papier gefunden, auf dem vielleicht *das* Pfefferkuchenrezept gestanden hat. Bestimmt 15 Rezepte hatten vor Kims Augen den Test nicht bestanden: Denn der Maßstab waren Mutters Pfefferkuchen, die stets unvergleichlich und unerreicht geblieben waren. Stets zu dieser Zeit, wenn die Herbstzeitlosen die Köpfchen aus dem Boden steckten, begannen die Finger zu kribbeln – es war Pfefferkuchenzeit. Das Rezept aus der Schule war es nicht gewesen, keines aus alten oder neuen Backbüchern und auch das Internet förderte wie üblich nur Nieten ans Tageslicht. Immer wieder fehlte das gewisse Etwas, die Zauberzutat, der letzte Pfiff. Natürlich hatte auch das viel gelobte Tiegerbuch, das gerade so trendy war nicht das richtige parat.
Vielleicht gab es heute einen Erfolg, vielleicht war es das Rezept aus Kindergartentagen.
Kim mischte das Mehl mit den Gewürzen, siebte vorsichtig den Kakao, erwärmte Butter und Honig. Liebevoll wurden Mehl und Butter verheiratet, eine feste Masse entstand, die von sachkundiger Hand geknetet und bearbeitet wurde.

Jetzt musste der Teig ruhen. Vierundzwanzig lange Stunden; reifen, werden, durchziehen.
Mittags gab es Erbsensuppe und irgend jemand hatte erst den ganzen Herd eingesaut, und sich dann aus dem Staub gemacht. Es ist ja so schön, in einer WG zu wohnen.

Sehr viel später zündete Kim einige Kerzen an. heute Abend würde es sich herausstellen, ob die Mischung richtig war. Der Ofen war vorgeheizt, der Tisch bemehlt, die klassischen Formen lagen bereit. Es konnte losgehen. Ein paar Senfpastillen waren griffbereit, die verhinderten, dass zu früh und zu viel genascht wurde. Schneeflöckchen, Herzen, Sterne, Fliegenpilze, „Gänseblümchen“, Schweine und Monde landeten auf dem Backblech.
Auch ein freihand geformtes Flussmännchen, eine Art Troll mit dicker Nase war traditionell dabei.
Aber schon der Duft aus dem Ofen meldete: Sehr lecker, aber eben nicht so, wie gewünscht.
Etliche Backbleche später, war die Erkenntnis klar: Dicht daneben war wieder mal vorbei.
Glücklicherweise war der Erfolg der Mühe dennoch ein riesiger Berg Pfefferkuchen, die unwiderstehlich dufteten und lecker schmeckten.
Am nächsten Morgen rief Kim wie jedes Jahr bei Muttern an: „Kannst Du mir das leckere Rezept nicht verraten? Ich finde es nicht heraus. Jeder Spur bin ich nachgejagt, habe mit Mengen und Gewürzen experimentiert. So viele verschieden Rezepte habe ich ausprobiert, und habe den Geschmack nie so hinbekommen, wie du. Bitte, verrate mir dein Geheimnis!“
„ Ich habe es Dir schon hundert Mal gesagt, Du musst die Knochen einer toten Katze nehmen, rösten, kleinmahlen und zum Teig dazugeben. Nur so wirst Du den Geschmack hinbekommen.“
„Das glaube ich dir jetzt genauso wenig, wie ich es dir in den anderen Jahren geglaubt habe!“
„Nun gut, Du bist alt genug: Also, ich habe immer die Fertigmischung aus dem Supermarkt genommen.
Das Backen mit Dir, Kim, und Gerrit war mir schon immer anstrengende genug, da hatte ich keine Lust, auch noch so viel Schnickschnack mit dem Teig zu machen.“

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Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben;
man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.
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BeitragVerfasst am: Di 15 Nov, 2005 10:40 Antworten mit ZitatNach oben

Der alte Graubart saß in einer Ecke des großen Stollen und kramte vor sich ihn. Es war schon wieder fast ein Jahr her, dass er hier im Stollen unter dem Schloss war. Damals war er sehr in Eile und hatte Hektik, weil die Drachenfakeln drohte zu verlöschen. Das hätte eine Katastrophe gegeben, weil dann der chinesische Feuerball, aus dessen Nüstern das Feuer stammte, wütend geworden wäre und vor lauter Wut den Stollen zum Einsturz gebracht hätte. Ja, damals hatte er keine Zeit gehabt sich wie heute um seine kleinen privaten Schätzchen zu kümmern, die er in einer kleinen Niesche der Großen Halle versteckt hatte. Eigentlich müsste er es gar nicht verstecken, denn keiner der anderen Zwerge hätte Interesse an so einem Krimskrams, wie sie es nennen würden. Eigentlich waren es auch keine Schätze, aber für den alten Graubart hatten sie unermesslichen Wert, weil sie ihn an viele schöne Stunden erinnerten. Sein Schatz bestand aus einer verbeulten Kaffeedose, in der er allerlei Schnickschnack aufbewahrte. Beispielsweise eine hübsche Briefmarke, mit der seine geliebte, seelige Gwineth einen Liebesbrief frankiert hatte, eine getrocknete Herbstzeitlose, die gar nicht mehr hübsch war, weil sich diese Blumen nicht zum trocknen eigneten, trotzdem bewahrte er sie auf, denn sie erinnerte ihn an das erste Rendevous mit seiner Liebsten, als diese einen heillosen Niesanfall bekommen hatte, als ihr der Geruch dieser Blume in die Nase stieg, ein Gänseblümchen aus dem Blumenkranz, den seine Gwineth zur Hochzeit im Haar getragen hatte, ein paar Senfpastillen, die er damals vom Flussmännchen bekommen hatte, als er dessen Buddelschiff zurückgebracht hatte, das er Meilen flussabwärts gefunden hatte. Seither waren die beiden dicke Freunde was sehr verwunderlich war, weil unterschiedlicher könnten zwei Wesen kaum sein. Ein Zwerg und ein Flussmännchen, das waren wirklich zwei Welten!
Er hatte den ganzen Inhalt der Dose ausgeschüttet, betrachtete seine Schätze und schwelgte in Erinnerungen. Er nahm den Zweig des Korianderstrauchs in die Hand und roch daran. Den hatte er vom Grab seiner geliebten Gwineth, die er vor 300 Jahren beerdigen musste, weil damals der Drache unterm Berg wie wild gewütet hatte. Der Korianderstrauch war mittlerweile riesengroß und bedeckte fast das ganze Hügelgrab, aber seine Gwineth hatte den Duft immer besonders gerne gemocht. Er legte den Zweig zur Seite und nahm das kleine, ledergebundene Büchlein aus dem Durcheinander von Gegenständen: „Das Tiegerbuch“ flüsterte er vor sich in. Darin hatte Gwineth lustige, traurige und spannende Geschichten niedergeschrieben, die sie auf ihren langen und endlosen Wanderungen erlebt hatten. Vorsichtig blätterte er darin herum. Die Seiten waren aus dünnem Pergament und in einer feinen, verzierten Schrift kunstvoll beschrieben. Zu jeder Geschichte hatte Gwineth ein kleines Bildchen gemalt, mal waren es wahre Kunstwerke, an anderen Stellen nur einfache Illustrationen um die Stimmung der Geschichte zu unterstreichen. Fallende Herbstblätter, im Sturm wirbelnde Schneeflöckchen oder einfach ein umgeknickter Fliegenpilz.
Der alte Graubart schreckte plötzlich auf. Anscheinend war die Erbsensuppe fertig, es war Zeit seine Geisterwache zu beenden und seinen Schatz wieder sicher zu verstauen. Er wollte nicht, dass die anderen mit Tränen in den Augen sahen. Also beeilte er sich alles wieder vorsichtig in die Dose zu packen, versteckte diese hinter einem Stein und wischte sich verstohlen ein paar Tränen aus dem langen Bart, gerade noch rechtzeitig bevor die anderen Zwerge polternd den Saal betraten.

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BeitragVerfasst am: Mi 16 Nov, 2005 00:31 Antworten mit ZitatNach oben

Er ist endlich fertig - was für eine Geburt - Kommissar Reinhard hat seinen neusten Fall gelöst:


Grüße vom Meer

Reinhard legte das Tiegerbuch weg, in dem er gerade versucht hatte zu lesen. Seine Gedanken schweiften immer wieder zu dem Fall ab. Vielleicht würde ihm ein Kaffee gut tun. Er ging in die Küche und schaufelte Kaffee aus der Kaffedose in den Filter. Und wieder schweiften seine Gedanken ab und Reinhard starrte wie hypnotisiert in den Korianderstrauch. „Es muss ihm doch nachzuweisen sein.“, murmelte er vor sich hin. „Irgendetwas habe ich übersehen. Ich muss etwas übersehen haben.“ Seine Jacke im Laufen überwerfend, nahm er sich noch schnell ein paar Senfpastillen aus der Schale neben der Tür. Es blies ein heftiger Wind draußen und schüttelte die Herbstzeitlosen durch. Nicht mehr lange und es würden die ersten Schneeflöckchen fallen. Reinhard rannte zu seinem Auto. Er musste Mika erreichen. Hoffentlich saß der nicht gerade mit seinen Eltern, bei denen der 28 Jährige seine Wohnung hatte, bei der samstäglichen Erbsensuppe. Während des Fahrens versuchte er vergeblich seinen Assistenten auf dem Handy zu erreichen. Er versuchte es auf dem Festnetz. „Hannson“, schallte es aus der Freisprechanlage. „Ich fahr zur Gaststätte „Geisterwache. Wir müssen noch mal mit der Tochter sprechen! Ich bin in 10 Minuten da!“ Bevor Mika Hannson irgendetwas erwidern konnte, hatte Reinhard schon aufgelegt. Mika würde sicher kommen, denn, so vermutete Reinhard, er hatte wohl ein Auge auf die schöne Lina geworfen. Er lenkte den Wagen vorbei an Koriandersträuchen und dachte über den Fall nach. Dieser Fall war wirklich verworren: Ein Toter hinter einer kleinen Kapelle, umgeben von verdorrten Gänseblümchen. Er musste dort schon eine Weile gelegen haben, doch niemand wusste etwas. Der Tote konnte als Hinnerk Harms identifiziert werden und wurde bereits mehrere Wochen lang vermisst. Die einzige lebende Verwandte war seine Tochter Lina. Die Mutter war lange tot und ihr Vater, ein alter Ostfriese, den es damals der Liebe wegen nach Westfalen verschlagen hatte, kreuzunglücklich ohne das Meer. Lina Harms, gerade 24 Jahre alt, arbeitet in der Gaststätte des Vaters. Auch einen Verdächtigen hatten sie schon: Bruno Mathias, 43 Jahre alt, Bauer und verkrachte Existenz. Er hatte es nicht wirklich zu etwas gebracht im Leben. Den Toten kannte er aus seiner Gastwirtschaft. Dort war er Stammgast. Neben dem Toten wurden seine Fußabdrücke gefunden und an der Jacke des Opfers Fasern von seinem Pullover. Alles war perfekt, doch niemand konnte bisher ein Motiv feststellen. WARUM sollte er Hinnerk Harms umbringen wollen?

Reinhard war am Ziel angekommen und Mika wartete natürlich schon vor der Tür. Sie betraten die Gaststube. Es herrschte eine freundliche und familiäre Atmosphäre. Es gab nicht nur gutbürgerlich zu essen, es sah auch alles gutbürgerlich aus. Auf rustikalen Eichenregalen stand Nippes, Krimskrams, Tee- und Kaffeedosen, und auch ein wunderschönes Buddelschiff. In der einen Ecke des Raumes stand ein großer Specksteinofen. Davor hatte der alte Harms immer gesessen und den Gästen Geschichten von Flussmännchen, dem Deichgespenst von dem großen Schatz und anderen Schnickschnack erzählt. Lina Harms saß in einer Sitzecke mit Blick auf den Ofen und drehte ein Taschentuch in ihren Händen. Sie war dabei, die Trauerpost mit Briefmarken zu versehen und schaute verträumt auf den Platz vor dem Ofen. Als sie die beiden Männer hereinkommen hörte, hatte sie leichte Mühe, ihren Blick von diesem Platz weg auf die Besucher zu lenken. Als sie Mika erkannte ging ein kurzes Leuchten über ihr Gesicht und sie wischte sich schnell die Tränen weg. „Was kann ich noch für sie tun, meine Herren?“, fragte sie und stand auf. „Ihr Vater“, begann Reinhard, „Er erzählte gerne Geschichten über einen großen Schatz, richtig?“ Lina Harms lächelte etwas und antwortete dann: „ Ja, das war eine seiner Lieblingsgeschichten. Er hat das Meer sehr vermisst. Aber glauben sie, dass das etwas mit dem Tod meines Vaters zu tun hat?“ Reinhard nickte und schaute hinauf zum Buddelschiff. „Ich denke, das hat es tatsächlich. Darf ich mir das Buddelschiff einmal näher ansehen?“ Er durfte. Reinhard nahm das Buddelschiff und drehte es in seinen Händen. Es war unversehrt. Auf einer der Segel, war etwas gezeichnet, dass wie eine Schatzkarte aussah. Anstelle des üblichen Kreuzes war der Ort, an dem der Schatz vergraben sein sollte mit einem Fliegenpilz gekennzeichnet. „Das habe ich mir gedacht, lachte Reinhard und sowohl Lina Harms wie auch Mika schauten ihn verwundert an. „An dem Tag, als sie ihren Vater zum letzten mal sahen, sie sagen, er hat einen Anruf entgegen genommen?“ Lina Harms nickte. „Wir haben uns die ganze Zeit Gedanken gemacht, warum Bruno Mathias ihren Vater getötet hat. Nun wissen wir warum! Es ging um diese Schatzkarte“, Reinhard zeigte auf das Segel. „Unser sauberer Herr Mathias wollte wohl einmal in seinem Leben groß absahnen und das große Leben genießen. Ob die Karte echt ist oder unser Mörder eine zu große Fantasie hat, werden wir wohl kaum herausfinden. Doch ich bin mir ganz sicher: Dies ist das Motiv, dass uns zur Anklage noch fehlte.“
Während der Verhandlung gab Bruno Mathias zu, den Gastwirt Hinnark Harms getötet zu haben. Er hatte die Geschichte mit dem großen Schatz so oft gehört, dass er sie anfing zu glauebn. Da er einmal im großen Geld schwimmen wollte, hatte er das Opfer angerufen und ein Treffen ausgemacht. Harms war ahnungslos in eine Falle getappt und hatte nur gelacht, als er erfuhr, worum es Bruno Mathias ging. Da hatte dieser die Kontrolle verloren und sein Opfer solange gewürgt, bis dieser sich nicht mehr regte. Die Leiche hatte er erst wochenlang im Keller versteckt. In die Gaststätte zu gehen traute er sich nicht mehr. Später legte er den Leichnahm hinter die Kapelle, damit sie wenigstens ordentlich beerdigt werden konnte. Bruno Mathias wurde wegen Totschlag im Affekt zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt.

Diesmal waren es wohl Tränen der Erleichterung, die Lisa Harms über die Wangen liefen. Sie begann leicht zu schwanken und Mika nahm sie leicht in den Arm und führte sie zum. „Alles wird gut, Lina, alles wird gut“, flüsterte er leise. Er sah Reinhard kurz an und der wusste gleich, dass er hier wohl jetzt überflüssig war. „Mika, können sie Frau Harms nach Hause fahren und noch etwas bei ihr bleiben um zu schauen, dass es ihr besser geht? Ich fahre sofort ins Büro und schließe die Akte. Ruhen sie sich am Wochenende etwas aus. Wir sehen uns dann Montag.“, sagte er mit einem leichten Lächeln, das Lina Gott sei dank verborgen blieb. Er drehte sich ab und freute sich für seinen emsigen Assistenten. Was war das doch für ein herrlicher Herbsttag!

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BeitragVerfasst am: Do 24 Nov, 2005 17:34 Antworten mit ZitatNach oben

Sollte der 8000. Beitrag in unserem Forum werden, aber Google war schneller. Egal, ich will es euch trotzdem nicht vorenthalten:

Ein grauer Tag

Wieder so ein trüber Tag und am liebsten würde Nele den ganzen Tag im Bett bleiben. Alles grau in Grau und kalt. Wenn wenigstens Schneeflöckchen fallen würden. Im Radio kam ein Bericht über das Buddelschiff im Museum und dass es angeblich von Flussmännchen gebaut worden sei. Nele vergrub sich noch etwas tiefer in ihre Kissen und träumte sich lieber noch etwas auf eine schöne Sommerwiese mit Gänseblümchen. Die Sonne scheint, die Vögel piepen und sie liegt in ihrem Tiegerbuch vertieft auf einer Picknickdecke. Ach wie schön dieser Gedanke doch war. Doch sobald sie die Augen öffnete sah sie wieder grau – keine Sonne, keine Vögel, keine Gänseblümchen. „Ich könnte“, so dachte sie sich, „einfach wirklich einen ganzen Tag im Bett verbringen. Lesen, Träumen, Schlaf nachholen…“ Sie war das ganze Jahr über nicht einen Tag krank abwesend im Büro gewesen, hatte Massen von Ãœberstunden gemacht – ohne sich zu beschweren. Warum sollte sie nicht anrufen und sich diesen Tag nehmen? Sie könnte einen langen Spaziergang machen, sich die Herbstzeitlosen ansehen. Sie könnte ausgiebig kochen und dafür frischen Koriander von ihrem Korianderstrauch nehmen. Alle Mal besser als die Erbsensuppe in der Kantine. Sie könnte ihren ganzen Krimskrams sortieren oder endlich die lang aufgeschobenen Briefe an die Freundinnen in England und den Niederlanden verschicken. Eine Briefmarke müsste sie noch in ihrer Kaffedose haben. Sie könnte endlich ihr Buch durchlesen, was sie vor Wochen angefangen hatte „Geisterwache“ hieß es und war eigentlich super spannend. Zum Naschen könnte sie sich in ihrem Lieblingsbioladen „Fliegenpilz“ ein paar Vollkornkekse und Senfpastillen holen. Auja, das war es, sie würde heute zum ersten Mal krank machen! Sie nahm das Telefon und rief im Büro an. Ihre Chefin ging ans Telefon und ließ sie kaum ausreden. „Wollt ihr mich heute alle verarschen? Du bist schon die 3. die heute Morgen anruft, sie wäre krank. Ich kann ja verstehen, dass Euch das Wetter nicht passt aber jetzt lass den Schnickschnack und beweg deinen Hintern ins Büro!“ Nele legte auf, seufzte und zog sich an. Nun war sie eh schon einmal aufgestanden und dann könnte sie sich auch gleich auf in die kalte, graue Welt machen. „Vielleicht“, dachte sie sich, „Vielleicht sollte ich einfach mal ein oder zwei Tage Urlaub einplanen – und dann verbringe ich einen ganzen Tag im Bett!“ Und sie schloss die Wohnungstür hinter sich.

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BeitragVerfasst am: Fr 02 Dez, 2005 14:28 Antworten mit ZitatNach oben

Nicht für Jedermann!
Die Geschichte ist doof, macht keine Freude und tut depressiven Gemütern bestimmt nicht gut.



Der Tod warf seinen dunklen Schatten auf einen wunderschönen Spätsommertag. Die Gänseblümchen blühten und es war so warm, dass niemand einen Gedanken an Schneeflöckchen oder Fliegenpilze verschwenden würde, denn die kalte Zeit lag noch weit weg. Zumindest für die meisten.
Es sollte ein schöner Betriebsurlaub werden. In der Tat würde keiner lebend zurückkehren.
Fünfundzwanzig gutgelaunte Menschen fanden sich in gelöster Stimmung im Gasthaus „Flussmännchens Geisterwache“ von Gutraut Herbstzeitlose ein.
Es wurde ein feiner Teller Erbsensuppe zum Auftakt gereicht, bevor eine gemütliche Floßfahrt auf der „Schnelle“ gemacht werden sollte.
Im Gasthof war die Stimmung laut und fröhlich. Alle waren gerne hier, denn es herrschte eine freundlichen und familiäre Atmosphäre. Es gab nicht nur gutbürgerlich zu essen, es sah auch alles gutbürgerlich aus. Auf rustikalen Eichenregalen stand Nippes, Schnickschnack, Tee- und Kaffeedosen, und auch ein Buddelschiff.
Wenn jemand dies Buddelschiff genauer betrachtet hätte , hätte dieser jemand etwas erschreckendes sehen könnte. Es war nicht das übliche Motiv eines Schiffes, oder Dampfers, sondern ein Floß, dass sich in seine Einzelteile zerlegt. In der Mitte stand ein Sensenmann, der lachend seinen Kopf in den Nacken legte und seine roten Augen funkelten und strahlten. Im Wasser aus Knetgummi gingen menschliche Gestalten in Strudeln unter, rote Schlieren verloren sich in der Strömung.
Aber niemand sah hin, keiner machte sich Gedanken. Lachend trug sich die Belegschaft mit flotten Sprüchen in das Tiegerbuch ein, in dem sich jeder Gast verewigen durfte.
Schließlich wurde das Floß geentert und die Flößer stießen vom Ufer ab. Die Schnelle war ein gemütlicher kleiner Fluss, ohne Ãœberraschungen, und er wurde gerne für solche Floßfahrten genutzt.
Nach einigen Minuten sagte der Flößer am Heck: „Ich wünsche hier jedem eine schöne letzte Fahrt. Vielleicht wird es heute etwas turbulent, haltet Euch gut fest!“ Diese nicht unübliche Ansprache wurde von allen mit einem fröhlichen Gelächter quittiert, denn die größere Aufmerksamkeit galt dem großen Fass Freibier in der Mitte des Floßes.
Als nach der Bootsrutsch der Erste über Bord ging, knurrte der eine Flößer: „Der kann zumindest seinen Krimskrams mitnehmen!“ Und trat den Rucksack des bald Ertrinkenden so gezielt hinterher, dass er den Unglücklichen damit bewusstlos schlug. Einige Senfpastillen (gegen Seekrankheit) fielen aus der Tasche ins Wasser. Ob sie wohl geholfen haben? „Keine Aufregung, jeder bekommt hier sein Fett ab!“
Die gute Stimmung war mit einem Schlage dahin, und im Schweigen fiel erst auf, wie laut der Fluss rauschte. Das war keine gemütliche Floßfahrt mehr, es entwickelte sich immer mehr zu einer Wildwasserbahn. Gischt spritzte übers Holz, und der fordere Flößer sah sich ratlos um. Gesteinsbrocken lagen im Fluss, und das Wasser gurgelte darüber, so dass das Floß immer wieder harte Stöße aushalten musste. Drei oder fünf weiter Personen waren bereits über Bord gegangen, aber das schien kaum noch jemand zu merken, weil jeder damit beschäftigt war, sich selber festzuhalten. Ehe sich die verbliebene Schar versah, schoss das Floß in eine schmale Klamm, und immer wieder fielen größere Steine herab. Es waren nach kurzer Zeit zahlreiche Platzwunden, geprellte Arme und Beine sowie gebrochene Schultern zu beklagen. Die Geschwindigkeit nahm weiter zu. Eindeutig keine Fahrt, um Briefmarken zu tauschen . Wer jetzt noch die Kraft hatte, aufmerksam nach vorne zu blicken dem wäre aufgefallen, dass der vordere Flößer schon lang nicht mehr stand, sondern sich verzweifelt an einem Korianderstrauch festzuhalten versuchte, der seine Wurzeln in die karge Wand gekrallt hatte. Ein netter Versuch, der ob des kalten Wassers nicht von Erfolg gekrönt war. Da erschien ein neuer Findling, der einige der Balken krachend zerbersten ließ. der Schlag ließ den kümmerlichen Rest über Bord gehen, und nur der Schnitter stand noch an Bord und warf die nun nutzlos gewordene Steuerstange von sich. Er legte den Kopf in den Nacken und lachte ein grausames Lachen. Seine Aufgen blitzten und funkelten, als ob sie aus schönsten Rubinen wären.

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Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben;
man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.
Karl Kraus
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