Geschichtenecke Foren-Übersicht  
 FAQ  •  Suchen  •  Mitgliederliste  •  Benutzergruppen   •  Registrieren  •  Profil  •  Einloggen, um private Nachrichten zu lesen  •  Login
 Adventskalender Nächstes Thema anzeigen
Vorheriges Thema anzeigen
Neues Thema eröffnenNeue Antwort erstellen
Autor Nachricht
Tieger
Energiebündel
Energiebündel


Anmeldedatum: 06.10.2004
Beiträge: 4348
Wohnort: Für Eulen gut zu finden

BeitragVerfasst am: So 27 Nov, 2005 20:29 Antworten mit ZitatNach oben

Liebe HQler!

Ich eröffne hiermit einen besonderen Adventskalender. Jeden Tag von heute an bis Heilig Abend werde ich eine Geschichte hier reinstellen. So möchte ich Euch die Zeit verkürzen. Vielleicht kann ich Euch ja so auch wieder ins Forum locken, denn da fühle ich mich schon ganz alleine. Ich denk an Euch.


Liebe Grüße und viel Spaß

Eure Tieger

_________________
Wie säh die Welt ohne Männer aus?
Keine Gewalt, keine Kriege und lauter zufriedene, dicke Frauen!

Zuletzt bearbeitet von Tieger am So 27 Nov, 2005 20:49, insgesamt einmal bearbeitet
Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail sendenWebsite dieses Benutzers besuchen
Tieger
Energiebündel
Energiebündel


Anmeldedatum: 06.10.2004
Beiträge: 4348
Wohnort: Für Eulen gut zu finden

BeitragVerfasst am: So 27 Nov, 2005 20:30 Antworten mit ZitatNach oben

Advent, Advent - die erste Kerze brennt


Grosses Weihnachtskonzert!" las der kleine Engel Gabriel laut vor.
Gerade erst hatte er den Anschlag an Wolke 5 entdeckt und klatschte begeistert in die Hände.
Wochenlang hatte er auf seiner kleinen Harfe Tonleitern hoch und runter geübt, in der Hoffnung, dass er eines Tages bei dem alljährlichen Weihnachtskonzert mitspielen dürfte.
Schnell raffte er sein Engelsgewand und eilte zu Petrus.
"Ach bitte, lass mich dieses Jahr mitspielen!" flehte er ihn an, "ich habe auch ganz fleissig geübt und würde sooo gern zur Weihnachtszeit einmal mitspielen!"
Petrus sah ihn stirnrunzelnd an.
"Ja meinst du denn, du bist schon so weit?" fragte er ihn. "Die Weihnachtslieder, die wir spielen, sind gar nicht so einfach."
Eifrig nickte Gabriel mit dem Kopf: "Ganz bestimmt, ich habe doch ganz dolle geübt, jeden Tag!"
"Hm..." überlegte Petrus, "die Menschen heutzutage sind so anspruchsvoll geworden. Sie werden keine Fehler dulden. Ãœberleg es dir gut, ob du wirklich schon genug kannst."
Aber Gabriel brauchte gar nicht überlegen. Er war sich so sicher, dass er es schaffen würde, denn er hatte ja jeden Tag geübt. Dass er aber jeden Tag allein geübt hatte, und dann auch nur Tonleitern, das hatte er vor lauter Aufregung ganz vergessen.
"Na gut," willigte Petrus ein, "dann komm morgen zu den Proben. Wir treffen uns pünktlich um 10 auf der Wolke 10. Aber sieh zu, dass deine kleine Harfe gestimmt ist."
Vor Freude flatterte Gabriele immer hoch und runter. Er durfte dabei sein, er durfte endlich dabei sein!
Aufgeregt flog er zu seiner Hauswolke und holte gleich seine Harfe hervor.

Am nächsten Morgen war er so aufgeregt, dass er schon ganz früh wach war. Schnell wurde die Harfe noch einmal geputzt und gestimmt, und dann ging es los.
Als er auf Wolke 10 zuflog, tönten ihm schon die verschiedenen Instrumente entgegen. Jeder Musikerengel stimmte nochmal schnell sein Instrument ein. Ein herrliches Durcheinander war das. Stolz reihte sich Gabriel bei den Streichern ein.
Als Petrus, dessen Aufgabe es auch in diesem Jahr war, das Orchester zu dirigieren auftauchte, wurde es mucksmäuschen still.
"Wir beginnen mit Oh du fröhliche, Oh du selige", tönte er mit seiner sonoren Stimme. Ãœberall hörte man Notengeraschel.
Petrus klopfte drei mal mit seinem Taktstock auf den Pult und das Orchester begann zu spielen.
"Halt, halt!" rief Petrus da, "Gabriel, du bist zu schnell! Höre bitte auf das, was die anderen spielen!"
Gabriel wurde knallrot und versprach, sich Mühe zu geben.
Beim zweiten Durchgang spielte er extra ein bisschen langsamer, für den Fall, dass die anderen nicht mitkommen.
"Stop!" brüllte Petrus, "Gabriel, was machst du denn? Du bist ja viel zu langsam! Das ist doch kein Schlaflied! Achte bitte auf die anderen. Wir sollten schon alle zur gleichen Zeit spielen."
Langsam wurde Gabriel wütend. Nichts konnte man recht machen, erst war er zu schnell, dann war er zu langsam. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Aber er beschloss, sich nochmal so wie Mühe zu geben und beim dritten Versuch spielte er ganz besonders betont. "Gabriel" schimpfte da Petrus, "die Harfe ist kein Soloinstrument! Du musst ein bisschen leiser spielen."
Nun reichte es Gabriel. Wütend schmiss er seine Harfe zu Boden. Alles, was er machte, machte er falsch. Und dabei hatte er sich so auf das Konzert gefreut. Am liebsten hätte er vor Wut geweint.
"Gabriel", donnerte da Petrus, "ich glaube, wir verschieben dein Mitspiel um ein weiteres Jahr. So hat das noch keinen Sinn!"
Entsetzt sah Gabriel zu Petrus.
"A-a-aber ich gebe mir jetzt ganz viel Mühe!" versicherte er, "bestimmt!"
Schnell wollte er seine Harfe aufheben. Aber was war das? Ganz zerbrochen lag sie da. Und Gabriel hatte auf einmal einen ganz dicken Kloss im Hals.
Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter. Erschrocken drehte er sich um und schaut in das friedliche Gesicht von Engel Michael.
"Ich glaube," sagte Michael, "die Harfe ist nicht das richtige Instrument für dich. Was hälst du davon, wenn du uns den Takt mit einer kleinen Trommel angibst?"
"D-d-du meinst, das geht?" ungläubig sah Gabriel ihn an.
"Aber bestimmt!" versicherte ihm Michael und sah fragend zu Petrus.
"Na gut," räumte dieser ein, "wir können es ja mal versuchen". Und er reichte eine kleine Trommel zu Gabriel.
Glücklich sah Gabriel ihn an und schnallte sich die Trommel um.
Nun durfte er dreimal mit seinen Schlegeln den Takt vorgeben und schon fing das Orchester an zu spielen. Und er spielte glücklich seine Trommel mit.

_________________
Wie säh die Welt ohne Männer aus?
Keine Gewalt, keine Kriege und lauter zufriedene, dicke Frauen!
Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail sendenWebsite dieses Benutzers besuchen
Google
unglaubliche Größe
unglaubliche Größe


Anmeldedatum: 05.10.2004
Beiträge: 9103
Wohnort: Nirgendwo

BeitragVerfasst am: Mo 28 Nov, 2005 11:08 Antworten mit ZitatNach oben

Das ist aber nett, dass Du uns so sehr erfreuen möchtest.
Vielen Dank, hübsche Geschichte.

_________________
Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben;
man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.
Karl Kraus
Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht senden
Tieger
Energiebündel
Energiebündel


Anmeldedatum: 06.10.2004
Beiträge: 4348
Wohnort: Für Eulen gut zu finden

BeitragVerfasst am: Mo 28 Nov, 2005 11:10 Antworten mit ZitatNach oben

Ich wünsche Euch eine wunderschöne Woche!

vielen Dank Google, ich hoffe wirklich ich tu Euch was Gutes ;o)

28.11.2005

Rübenkraut, sofort zum Chef!" hallte es durch den Gang.
Ich mochte es nie, wenn man mich nur mit meinem Nachnamen ansprach. Zu oft war ich dem Spott schon ausgesetzt. Dabei hatte ich einen so schönen Vornamen, einen Namen der mein attraktives Äußeres zutreffend beschrieb.

Vorbei an den Zimmern der Redaktion, Richtung Fahrstuhl, rein in das Zimmer der Sekretärin. Fräulein Schnelzstelz zeigte nur auf die mit Leder verkleidete Tür und sagte "da rein".

"Rübenkraut", in mir grummelte es wieder, "bald ist Weihnachten und wir brauchen einen Leitartikel. Finden sie den Weihnachtsmann. Ich will ein Interview von dem alten Knauser. In einer Woche liegt das Ding auf meinem Tisch oder sie fliegen." "Ja Herr Gurkenhobel, ich eile." Mit einer tiefen Verbeugung entfernte ich mich.

Wo kann ich den Weihnachtsmann finden? Wird er erkennen, wie wichtig der Job für meine Existenz ist? Wird er mir ein Interview gewähren? Fragen, Fragen, Fragen!
Ich erinnerte mich an die Erzählungen meine Uroma. Damals hatten die Lostage der Vorweihnachtszeit eine entscheidende Bedeutung. Die Arbeitsverträge der Beschäftigten waren ausgelaufen und Angst herrschte vor, ob die Verträge verlängert werden oder nicht. Das Los zeigte die Zukunft auf. Das muss ich versuchen!
Zügig warf ich die Apfelschalen hinter mich und dachte an die Erfüllung meiner Aufgabe.
Schon war es geschehen. Eine alte Perchte stand vor mir.
"Rübenkraut, was ist dein Begehr?"
"Verdammt, kannst Du mich nicht mit meinem Vornamen..." "Rübenkraut, du hast die heilige Sitte gebrochen, nie darfst du laut zu einer Hexe sprechen. Deine Chance hast du verwirkt."
"Entschuldige liebe Hex, seit Kindheit hänselt man mich, ich wollte doch nur ..."
"Schon gut, schon gut, Rübenkraut, die Wünsche kann ich dir nicht mehr gewähren, dein Anliegen ist den Perchten aber wohl bekannt. Fahre zu meiner Schwester Befana nach Italien, die weiss garantiert genaueres."

Hübsch sind die Geschäfte in Rom geschmückt. Wie gerne würde die ewige Stadt kennen lernen, doch die Zeit drängt und mein Job hängt an einem dünnen Faden. Mitten im Kolosseum entzündete ich ein Feuer und rief Befana mit einem Zauberspruch, den ich von Oma gelernt hatte.

Knister, knaster, Fliegendreck,
komm zu mir und bleib nicht weg,
Hexlein brauche dich sofort,
flieg ganz schnell zu diesem Ort.

"Rübenkraut", ich kochte innerlich, "was störst du meinen Winterschlaf, es ist noch nicht der 6.Januar."
Diesmal wollte ich keinen Fehler begehen. Mit leiser, ruhiger Stimme klagte ich mein Leid. "Befana, liebe Weihnachtshex, hilf mir Santa Claus zu finden, ähhhhh, und rede mich bitte mit meinem wunderschönen Vornamen an."
"Du hast nur einen Wunsch Rübenkraut, Vornamen oder Hilfe, entscheide!"
"Grrrrrrrrrrrrrrrr, ich hätte gerne Unterstützung, liebe Hex."
"So höre Rübenkraut" grrrrrrrrrrrrrrrr "nicht im Süden kannst du deine Aufgabe erfüllen. Fliege nach Norden zu meiner Tante Holle, sie zeigt dir den Weg Rübenkraut." Grrrrrrrrrrrrrrrrrr

Hexe Holle schickte mich zu ihrer Nichte Freya, die verwies mich zur Berchta, die wiederum meinte Gryla in Island wüsste mehr. So wurden mir bald alle Hexen der Weihnachtszeit vorgestellt. Es waren alle freundliche alte Damen, die den Kindern Geschenke, mal am Weihnachtstag, mal in der Nacht zum 6. Januar, brachten. Nur zwei Dinge beherrschten sie nicht. Keine war bereit, mich mit meinem lieblichen Vornamen anzusprechen und keine wusste, wo der Weihnachtsmann wohnt.

Ich wollte mich schon von den isländischen Klippen ins Meer stürzen, doch die 13 Söhne der Gryla hielten mich auf. "Rübenkraut, fahre nach Norwegen zu den Gnomen, den Nissen. Diese kleinen Wichte sind die Helfer des Weihnachtsmannes. Wir würden dich gerne begleiten, nur in den Tagen vor dem Weihnachtsfest liefern wir kleine Geschenke aus. Jeden Tag bringt einer von uns eine Gabe, da müssen wir im Lande bleiben."

Dieser Tipp war ein Volltreffer. Bald hatte ich Gelegenheit den norwegischen Weihnachtsgnom, den Julenissen, zu interviewen. Mit meinem Fachwissen fuhr ich zurück in die Reaktion. Herr Gurkenhobel, mein Chef wartete schon.

"Rübenkraut, ich bin zufrieden. Das Interview kommt auf Seite 1." "Chef," begann ich kleinlaut "darf ich den Artikel mit meinem Namen versehen, mit meinem Vor- und Zunamen?"
"Klar Rübenkraut."

Die Zeitung fand reißenden Absatz. Ich war stolz. Stolz weil mein zauberhafter Vorname, mein Name, der mein attraktives Äußeres zutreffend beschrieb, dick über dem Artikel leuchtete:

GNOME & HEXEN, DIE GABENBRINGER DER WEIHNACHTSZEIT
von Rumpelkopfnaselangohrenschief Rübenkraut

_________________
Wie säh die Welt ohne Männer aus?
Keine Gewalt, keine Kriege und lauter zufriedene, dicke Frauen!
Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail sendenWebsite dieses Benutzers besuchen
Google
unglaubliche Größe
unglaubliche Größe


Anmeldedatum: 05.10.2004
Beiträge: 9103
Wohnort: Nirgendwo

BeitragVerfasst am: Mo 28 Nov, 2005 11:18 Antworten mit ZitatNach oben

Sehr schön. Ja, Du tust (zumindest mir) etwas gutes damit!

_________________
Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben;
man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.
Karl Kraus
Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht senden
Tieger
Energiebündel
Energiebündel


Anmeldedatum: 06.10.2004
Beiträge: 4348
Wohnort: Für Eulen gut zu finden

BeitragVerfasst am: Mo 28 Nov, 2005 11:19 Antworten mit ZitatNach oben

fein.... ;o)

_________________
Wie säh die Welt ohne Männer aus?
Keine Gewalt, keine Kriege und lauter zufriedene, dicke Frauen!
Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail sendenWebsite dieses Benutzers besuchen
Kitty
Bücherwurm
Bücherwurm


Anmeldedatum: 04.10.2004
Beiträge: 9675
Wohnort: bei Mrs. Figg

BeitragVerfasst am: Mo 28 Nov, 2005 13:20 Antworten mit ZitatNach oben

Die erste Geschichte war sehr nett - armer kleiner Gabriel! Der Gute hatte sich ein klein wenig überschätzt.

Und bei der zweiten habe ich, wie Du Dir sicher denken kannst, am Ende lauthals gelacht! Und wie kann man so auf *dem* Vornamen bestehen? *rofl*

Wunderschön, vielen Dank!

_________________
I do not suffer from LotR-obsession - I enjoy every minute of it.
__________________________

If you had 7 meals a day, you'd like round doors as well.
Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail sendenAIM-Name
Google
unglaubliche Größe
unglaubliche Größe


Anmeldedatum: 05.10.2004
Beiträge: 9103
Wohnort: Nirgendwo

BeitragVerfasst am: Mo 28 Nov, 2005 13:22 Antworten mit ZitatNach oben

Ich finde den Namen sehr hübsch. Er klingt fast wie meiner. *gg*

_________________
Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben;
man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.
Karl Kraus
Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht senden
Tieger
Energiebündel
Energiebündel


Anmeldedatum: 06.10.2004
Beiträge: 4348
Wohnort: Für Eulen gut zu finden

BeitragVerfasst am: Mo 28 Nov, 2005 13:38 Antworten mit ZitatNach oben

Hauptsache es gefällt Euch und bringt Euch etwas Ruhe, Besinnlichkeit und gute Laune... 3 Sachen auf einmal? Das geht aber wirklich nicht. Geht ja wohl! Mit Tiegers Adventsüberraschung *lol*

Der Name klingt fast wie deiner? Heißt du etwa genialerkopfohrenimmeroffengerneinenspietzenspruchaufdenlippen Google?

_________________
Wie säh die Welt ohne Männer aus?
Keine Gewalt, keine Kriege und lauter zufriedene, dicke Frauen!
Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail sendenWebsite dieses Benutzers besuchen
Google
unglaubliche Größe
unglaubliche Größe


Anmeldedatum: 05.10.2004
Beiträge: 9103
Wohnort: Nirgendwo

BeitragVerfasst am: Di 29 Nov, 2005 10:29 Antworten mit ZitatNach oben

Nein, aber
Großohrkurzsichtschweineaugenstubsnasenglatze Google.
*gg*

Wann kommt denn die nächste Geschichte?
Ich freu mich schon so!

_________________
Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben;
man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.
Karl Kraus
Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht senden
Tieger
Energiebündel
Energiebündel


Anmeldedatum: 06.10.2004
Beiträge: 4348
Wohnort: Für Eulen gut zu finden

BeitragVerfasst am: Di 29 Nov, 2005 11:37 Antworten mit ZitatNach oben

hier *lol* (mach dich nicht schlechter als du bist!)

29.11.2005


DER ZUVERLÄSSIGE ZUFALLSGENERATOR

(Weihnachtsgeschichte © Alexander Amberg, Speyer



Daniel war ein Tüftler. Und ein Träumer. Oft, wenn er eigentlich seine Schulaufgaben machen sollte, saß er an seinem Schreibtisch und blickte gedankenverloren vor sich hin. Manchmal spielte nach einer Weile ein Lächeln um seine Lippen, und wer ihn kannte, wußte, daß er wieder einmal ein besonders schwieriges Problem gelöst hatte. Seinem Vater, der sich mit dem Computer nicht auskannte, erklärte er, wie man mit dem neuen Programm zurechtkam, und als eines Morgens die Kaffeemaschine streikte, fand er innerhalb von zwei Minuten heraus, welcher Draht im Innern locker war und reparierte ihn, so daß es noch nicht einmal eine Verzögerung beim Frühstück gab. Oft sah man Daniel beim Tüfteln, aber noch öfter träumte er. Doch das konnte man nicht immer sehen. Natürlich war Daniel auch derjenige, der für die Verkabelung der Kerzen am Weihnachtsbaum sorgte, und wenn etwas nicht auf Anhieb klappte, hatte er es doch gleich im Griff. Nur eines bereitete ihm Sorge. Immer öfter klagte seine Mutter über die Geldknappheit im Haus, und das hatte seinen Grund: Seit ein paar Wochen war sein Vater nämlich arbeitslos.

"Hätten wir doch nur ein bißchen Glück" hörte er seine Mutter sagen, und er fragte sich, ob Glück etwas mit Geld zu tun hatte. Am Heiligen Abend machte er sich diese Gedanken allerdings nicht, denn da hatte er anderes im Kopf. Sehnsüchtig wartete er auf die Bescherung und den Elektronikbaukasten, den er von seiner Großmutter bekommen würde.

WeihnachtszimmerAls am Baum die Lichter brannten, war er zunächst etwas enttäuscht, weil die Maße der Päckchen und Pakete, die er begutachtete, nicht ganz mit denen seines Wunschtraumes übereinstimmten. Aber dann sah er ihn doch, ganz hinten in der Ecke unter dem Christbaum, fast verdeckt von den mit bunten Kugeln und Lametta behängten Zweigen, und vor Freude tat sein Herz vielleicht sogar einen kleinen Sprung, wer weiß? Für den Rest des Abends war Daniel damit beschäftigt, die Einzelteile seines neuen Baukastens zu untersuchen, die Gebrauchsanweisung zu studieren und hin und wieder etwas Gebäck zu naschen. Als es Zeit wurde, schlafen zu gehen, wollte er protestieren. Aber sein Vater sah ihn nur ernst an, und Daniel tat, was der Klügere immer tun sollte. Er gab nach und ging, ohne zu murren, ins Bett. Natürlich träumte er von seinem Elektronikbaukasten.

Er hatte schon eine Weile geschlafen, als ein Geräusch ihn weckte. Es kam aus dem Wohnzimmer. Er konnte zwar nicht sagen, was es war, aber er war sofort hellwach. Er stand auf, zog seine Hausschuhe an und schlich vorsichtig über den Flur. Aus dem Wohnzimmer hörte er ein leises Wispern und Pispern. Langsam drückte er die Klinke nach unten und öffnete die Tür. Schlagartig verstummten die seltsamen Geräusche. Licht brauchte Daniel nicht zu machen, denn jemand hatte vergessen, die elektrischen Kerzen am Weihnachtsbaum zu löschen. Trotzdem wunderte sich Daniel. Sein Vater, der immer als Letzter schlafen ging, hatte noch nie vergessen, die Lichter zu löschen. Noch nicht einmal die Stand by-Schaltung des Fernsehers ließ er an.

Da er schon einmal hier war, setzte er sich auf den Teppich und bewunderte noch einmal die Teile seines Elektronikbaukastens. Nach einer Weile nahm sein Gesicht einen träumerischen Ausdruck an, dann aber runzelte Daniel die Stirn und seine Miene wurde immer besorgter. Er seufzte. War es denn richtig, daß er sich hier seinen Schätzen widmete, während seine Eltern sich plagten, um über die Runden zu kommen? Ein leises "Psst!" riß ihn aus seinen Gedanken. Daniel drehte sich um, aber da war niemand. Verwundert schüttelte er den Kopf und wollte sich eben wieder dem Baukasten widmen, als er es wieder hörte:"Psst!" Noch einmal drehte er sich um, und wieder sah er nichts. Dafür erscholl das "Psst!" jetzt etwas lauter. Ganz deutlich konnte er es hören, und eine leise Stimme rief: "He, du da. Psst! Hast du Tomaten auf den Augen? Hier oben bin ich!"

Daniel blickte hoch und sah ein kleines Männchen, das direkt unter der silbernen Spitze auf einem Zweig des Weihnachtsbaums stand. Geschickt klammerte es sich an die Aufhängung einer cognacfarbenen Kugel, griff nach dem Kabel, das die elektrischen Lichter mit Strom versorgte, und rutschte daran herunter, bis es auf einem Zweig landete, der direkt vor Daniels Nasenspitze hing.

"Hallo," sagte der Wicht. "Was machst du denn für ein Gesicht?"

Ich weiß nicht, ob ich mich freuen soll," sagte Daniel und sah das Männchen aus großen Augen an. "Jetzt sieh sich einer den an!" sagte das Männchen und rieb dabei seine Knollennase. "Es ist doch Weihnachten!"Schatztruhe

"Ja, schon!" antwortete Daniel, und dann sprudelte es nur so aus ihm heraus. Er erzählte dem seltsamen Besucher alles, was ihn bedrückte. "Weißt du, ob Glück etwas mit Geld zu tun hat?" schloß er seinen Bericht. "Aber natürlich!" sagte das Männchen und nickte dabei so heftig, daß es beinahe von seinem Zweig gefallen wäre. "Natürlich hat Glück etwas mit Geld zu tun. Sehr viel sogar!"

"Ach, hör' doch auf zu schwindeln, Johann," piepste ein feines Stimmchen. Es war die Rauschgoldprinzessin, die ganz oben in den Zweigen hing. Daniel hatte sie selbst dort hingehängt. Aber als er nach oben sah, balancierte sie elegant auf dem Rücken des Marzipanpferdchens, das vor Freude wieherte.

"Du bist vielleicht naiv, Smyrna," polterte der Honigkuchenmann, der mit ungelenken Bewegungen versuchte, am Stamm des Weihnachtsbaums herabzuklettern. "Natürlich hat Glück etwas mit Geld zu tun. Ich zum Beispiel stamme aus einer Bäckerei, in der der Meister immer ganz glücklich gelächelt hat, wenn er abends das Geld aus der Ladenkasse nahm, um es in seiner Kassette einzuschließen."

NußknackerDie Rauschgoldprinzessin schwieg beleidigt und trippelte zu einer in dunklem Rot schimmernden Weihnachtskugel, um durch den Kontrast ihr Kleidchen besser zur Geltung zu bringen.

"Geld allein macht nicht glücklich," mischte der Nußknacker sich ein, "krack, krack." Im ganzen Weihnachtsbaum wisperte und pisperte es. Verwirrt schaute Daniel vom einen zum andern. Etwas zupfte ihn am Ärmel. Es war Johann, das knollennasige Männchen, das ihn zuerst angesprochen hatte.

"Laß sie nur reden," sagte der Wicht. "Ich verrate dir nämlich ein Geheimnis! Weißt du, wie man einen zuverlässigen Zufallsgenerator baut?

Daniel sagte "nein" und schüttelte den Kopf.

"Das habe ich mir gedacht; denn sonst hättest du keine Sorgen." Damit beugte sich das Männchen auf seinem Zweig nach vorn und flüsterte Daniel etwas ins Ohr.

Daniel machte große Augen: "... die Lottozahlen?!"

"Ganz recht," nickte das Männchen und hüpfte von seinem Zweig herab. Zusammen mit Daniel machte es sich an den elektronischen Bauteilen zu schaffen, und nach einer Weile hatten sie ein Gerät zusammengebaut, an dem rote und grüne Dioden blinkten und das jedesmal piepte, wenn es eine Zahl anzeigte. "Fertig!" sagte das Männchen. "Du mußt nur diesen Knopf hier drücken und die Zahlen aufschreiben, die der zuverlässige Zufallsgenerator ausgerechnet hat. Dann füllst du einen Lottoschein aus ... - du weißt doch, wie man das macht?" Mißtrauisch sah das Männchen Daniel an.

"Klar," schwindelte Daniel.

"Gut," sagte der Wicht. "Also: Du füllst einen Lottoschein aus, gibst ihn ab und wartest auf deinen Gewinn." "Und das funktioniert?" fragte Daniel.

"Aber sicher," kicherte das Männchen. "Es funktioniert immer."

"Laß dich nicht darauf ein!" piepste die Rauschgoldprinzessin, und im Weihnachtsbaum wurde es mit einem Schlag still.

"Tu's nicht, krack, krack," mahnte auch der Nußknacker; aber das Männchen sagte nur "Papperlapapp" und Daniel probierte die Maschine aus.

Es wurde das längste und langweiligste Weihnachtsfest seines Lebens. Er verbrachte die Feiertage damit zu warten, Fensterbis sie vorüber waren, und zählte unterdessen immer wieder sein Taschengeld, ob es auch ausreichte für einen Lottoschein. Es reichte. An dem Kiosk, an dem er für seinen Vater immer die Zeitung holte, ließ er sich zeigen, wie man einen Lottoschein ausfüllte. Er füllte ihn aus, gab ihn ab und wartete. Und wartete. Und wartete. Die Tage vergingen ihm viel zu langsam und ihm war schon ganz langweilig vor lauter Warten. Er hatte keine Lust mehr zu spielen, und auch sein neuer Baukasten interessierte ihn fast gar nicht mehr. Nur mit dem zuverlässigen Zufallsgenerator beschäftigte er sich ab und zu; aber nachdem er die Lottozahlen für die nächsten beiden Jahre im voraus ausgerechnet hatte, ließ er auch das bleiben. Seine Eltern begannen, sich um ihn zu sorgen, und er hörte seine Mutter zu seinem Vater sagen: "Ich würde vieles geben, um herauszufinden, was er hat." Seine Eltern versuchten ihn aufzumuntern, so gut sie konnten. Aber es nützte nichts - bis zum Samstagabend, als im Fernsehen die Lottozahlen kamen.

Trotz des Protestes seiner Mutter durfte Daniel ausnahmsweise länger aufbleiben, weil sein Vater sich nicht mehr anders zu helfen wußte. Aufgeregt wartete Daniel auf die Ziehung. Schweißtropfen perlten auf seiner Stirn, als die Kugeln rollten, doch ... Doch freuen konnte er sich nicht. Denn er kannte ja das Ergebnis; und als er seinen erstaunten Eltern erklärte, daß er soeben einen Sechser im Lotto bekommen hatte, sagte sein Vater nur "Oh Gott", und seine Mutter schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Dann fing sein Vater an zu tanzen. Er schnappte Daniels Mutter und wirbelte sie durch den Raum, alle drei lachten und waren glücklich, aber nur für einen Moment, denn dann ... Dann fingen die Sorgen an.

"Was machen wir mit dem vielen Geld?" fragte Daniels Mutter, und sein Vater kratzte sich am Kinn und meinte, das Beste wäre, es auf die Bank zu bringen.

"Wir müssen es irgendwie anlegen," sagte Daniels Mutter, und Daniels Vater sagte: "Und dann kommt auch noch das Finanzamt!"

"Was ist, wenn es gestohlen wird," gab Daniels Mutter zu bedenken, und alle machten eine sorgenvolle Miene. Auch Daniel machte sich Sorgen, und nachts wälzte er sich unruhig in seinem Bett hin und her und stöhnte dabei, bis ...

... bis eine Hand ihn wachrüttelte und eine tiefe Stimme sagte: "Was machst du denn unter dem Weihnachtsbaum? Sag' bloß, du hast die ganze Nacht hier geschlafen?"

Verwirrt sah Daniel sich um. "Welchen Tag haben wir heute?" fragte er seinen Vater.

"Na, Weihnachten," antwortete der.Kugel

"Ich habe geträumt," murmelte Daniel, "nur geträumt."

Ganz oben am Weihnachtsbaum hing die Rauschgoldprinzessin, daneben das Marzipanpferdchen und etwas tiefer der Honigkuchenmann. Auf der anderen Seite, fast verborgen hinter den dichten Zweigen der Tanne, sah Daniel den Nußknacker und dachte noch einmal an dessen Worte "Geld allein macht nicht glücklich". Nur Johann, diesen Wicht, sah er nirgends. Auf dem Teppich verstreut lagen die Einzelteile des Elektronikbaukastens. Einige davon waren zu einer komplizierten Konstruktion zusammengesetzt.

"Na, was hast du denn geträumt, Sportsfreund?" fragte sein Vater, und Daniel erzählte ihm alles.

"Weißt du," sagte sein Vater, als Daniel geendet hatte, und legte den Arm um seinen Sohn. "Der Nußknacker hat recht. Geld ist nützlich, aber es macht nicht glücklich. In zwei Wochen werde ich mich bei einer neuen Firma vorstellen. Wenn es klappt, daß ich dort Arbeit finde - das ist Glück. Drück' mir also die Daumen. Aber um glücklich zu sein, brauche ich mehr. Ich brauche dazu dich und deine Mutter."

Daniel drückte seinem Vater die Daumen - ganz fest, und wer weiß, vielleicht hat es etwas genützt. Auf jeden Fall wußte Daniel jetzt, daß Glücklichsein etwas anderes ist, als Glück zu haben.

_________________
Wie säh die Welt ohne Männer aus?
Keine Gewalt, keine Kriege und lauter zufriedene, dicke Frauen!
Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail sendenWebsite dieses Benutzers besuchen
Google
unglaubliche Größe
unglaubliche Größe


Anmeldedatum: 05.10.2004
Beiträge: 9103
Wohnort: Nirgendwo

BeitragVerfasst am: Di 29 Nov, 2005 13:48 Antworten mit ZitatNach oben

Zuverlässiger Zufallsgenerator!
*lol* Ein schöner Widerspruch in sich.
Wo kriege ich den Elektronik-Baukasten?
Und glücklich sein <> Glück haben wurde auch nett verpackt.

Warum gibt es eigentlich nur eine Geschichte am Tag *eg*

_________________
Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben;
man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.
Karl Kraus
Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht senden
Tieger
Energiebündel
Energiebündel


Anmeldedatum: 06.10.2004
Beiträge: 4348
Wohnort: Für Eulen gut zu finden

BeitragVerfasst am: Di 29 Nov, 2005 14:14 Antworten mit ZitatNach oben

Das habe ich mich schon als Kind beim Schokoladen-Adventskalender gefragt, warum es jeden Tag nur eins gibt ;o)
vielleicht, weil es sonst ja nichts Besonderes mehr ist? Oder weil es gar nicht so einfach ist, wirklich nette Geschichten für die Adventszeit zu finden?
Such dir etwas aus! Immerhin liest aber einer meinen Adventskalender...

_________________
Wie säh die Welt ohne Männer aus?
Keine Gewalt, keine Kriege und lauter zufriedene, dicke Frauen!
Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail sendenWebsite dieses Benutzers besuchen
Kitty
Bücherwurm
Bücherwurm


Anmeldedatum: 04.10.2004
Beiträge: 9675
Wohnort: bei Mrs. Figg

BeitragVerfasst am: Di 29 Nov, 2005 15:12 Antworten mit ZitatNach oben

Nicht nur einer, liebste Tieger ...
Nette Art zu vermitteln, daß Geld allein nicht glücklich macht!

_________________
I do not suffer from LotR-obsession - I enjoy every minute of it.
__________________________

If you had 7 meals a day, you'd like round doors as well.
Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail sendenAIM-Name
Tieger
Energiebündel
Energiebündel


Anmeldedatum: 06.10.2004
Beiträge: 4348
Wohnort: Für Eulen gut zu finden

BeitragVerfasst am: Di 29 Nov, 2005 15:16 Antworten mit ZitatNach oben

Schön!!!!!! *strahl*

_________________
Wie säh die Welt ohne Männer aus?
Keine Gewalt, keine Kriege und lauter zufriedene, dicke Frauen!
Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail sendenWebsite dieses Benutzers besuchen
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:      
Neues Thema eröffnenNeue Antwort erstellen


 Gehe zu:   



Nächstes Thema anzeigen
Vorheriges Thema anzeigen
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.


Powered by phpBB © 2001, 2002 phpBB Group :: FI Theme :: Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
Deutsche Übersetzung von phpBB.de