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Crookshanks
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BeitragVerfasst am: Di 04 Apr, 2006 15:51 Antworten mit ZitatNach oben

Napoleon hat bis heute seine Spuren hinterlassen. Beispielsweise nennen die Schwaben, ihre mittlerweile assimilierten Nachbarn, die Badener (niemals Badenser nennen, denn das ist ein Schimpfwort), Gelbfüßler oder Eiertribbler. Woher kommt das?
Da gibt es unterschiedliche Geschichten. Die einen sagen, dass ein schwäbischer und ein badischer Bauer sich gestritten haben. Der Schwäbische sagte: „Wenn das stimmt bekommst Du ein Fass Eier.“ Es war die seltsame Ausnahme, dass ein Badener mal recht behielt, deshalb musste der Schwabe seine Ehrenschuld einlösen und brachte dem Badener ein Fass Eier. Gierig wie dieser war, stellte der sich in das Fass und trampelte die Eier zusammen, damit mehr reinpassten (dass er die Eier dann nicht mehr verwenden konnte hat ihn scheinbar nicht interessiert). Er hatte danach natürlich gelbe Füße und seither nennt man diese Landsmannschaft Gelbfüßler oder Eiertrippler….
Die wahre Geschichte ist aber eine andere. Napoleon hatte seinen unterschiedlichen Truppen unterschiedliche Gamaschen verpasst. Die badische Garnison bekam gelbe. Diese Jungs sind also mit ihren „gelben Füßen“ in die Schlacht gezogen. Sie marschierten mit ihnen durch Dizzelregen, Sonnenschein, Hohlgassen, Gras und den Fußstapfen der anderen. Setzten sich damit ans Lagerfeuer, aßen Hühnerbrühe, Gugelhupf, lauschten dem Vogelgezwitscher und rieten ob es sich um ein Goldkehlchen oder eine Nachtigall handelte. Sie schliefen sogar in ihren gelben Gamaschen. Nachts trugen sie nichts als die Gamaschen und ihren Drosselbart, es waren richtige Froschnaturen. Sie merkten nichteinmal die Zeitverschiebung als sie in Russland ankamen und Moskau in Flammen vorfanden (wobei das wohl eher daran lag, dass sie dorthin zu Fuß gelangt sind nicht mit einem Flugzeug).
So jetzt wisst ihr endlich was Gelbfüßler und Eiertribbler sind… Es sind Badenser und sie werden im Regelfall nur von den Schwaben als solche bezeichnet.

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Crookshanks
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BeitragVerfasst am: Fr 07 Apr, 2006 14:43 Antworten mit ZitatNach oben

Eigentlich hätte der kleine Zauberer jeglichen Grund zur Freude. Der lange Winter war endlich vorbei. Den meisten Schlossbewohner war es nach wie vor ein Rätsel, wie man diesen langen Winter mit den Vorräten hatte überstehen können. Die letzte Ernte war zwar nicht schlecht aber auch nicht besonders üppig ausgefallem und trotzdem waren bis jetzt noch kein Lebensmittel ausgegangen. Der Küchenmeister strahlte übers ganze Gesicht und strich sich selbstherrlich den Drosselbart, wenn er an diesen Umstand dachte oder darauf angesprochen wurde.
Nur der kleine Zauberer wußte, dass dies nicht nur dem besonders wirtschaftlichen Umgang des Küchenmeisters mit den Lebensmitteln zu verdanken war und Leorella, hatte wohl eine gewisse Ahnung, behielt aber ihre Meinung für sich.
Ein frühlingshafter Dizzelrregen hatte die letzten Flecken Schnee werggespült , war nun dem Sonnenschein gewichen und das frische Gras zeigte schon zaghaft sein frisches Grün im Schlossgarten. Es war schön, morgens von Vogelgezwitscher der Goldkehlchen geweckt zu werden, anstatt von dem heiseren Hahn, der im Hühnerstall den Platzhirsch spielte.
Nachdem nun die Kälte so langsam aus dem Gemäuer schlich und sich eine angenehme Wärme verbreitete, hatten Leorella und er sich schon 3 mal an ihrem Lieblingsplatz im Schlossgarten getroffen und einen leckeren Gugelhupf verspeißt, den sie extra für diese Zwecke gebacken hatte.
Heute hatten sie sich für einen Spaziergang verabredet. Leorella, kam wie immer, nicht ohne eine kleine Mahlzeit an. Sie hatte frische Hühnerbrühe in einem Henkelmann dabei, die sie an einem hübschen Ort zu sich nehmen wollten. Sie gingen schweigend los, über die Zugbrücke die über den Schlossgraben führte, auf dem bereits die ersten Gelbfüßler schwammen, dann den Hauptweg Richtung Ziegenberg, bogen dann aber in die alte Hohlgasse ein. In dieser war die Erde noch ganz feucht und man konnte Fußstapfen erkennen, die der kleine Zauberer sofort, als die von Zwergen identifizierte. Er hatte mit Leorella noch kein Wort gesprochen seit sie losgegangen waren. Sie hatte ihm hin und wieder verstohlene und besorgte Seitenblicke zugeworfen, aber er war so in seinem Grübeln versunken, dass er es nicht einmal bemerkte. Nachdem sie die Hohlgasse durchquert hatten verliesen sie den Weg und marschierten über eine hübsche frische Wiese. Der kleine Zauberer kannte ein ganz entzückendes Plätzchen hinter einem kleinen Hain, am Rande der Zeitklippen, wie man diesen Teil des Mittelgebirges nannte, am Fuße eines Wasserfalls. Da man dem Hain nachsagte, dass dort ein wüstes Ungeheuer lauerte, war dieses Plätzchen immer menschenleer. Nur der kleine Zauberer, der sowieso immer mehr wusste als andere, traute sich dort hin und Leorella vertraute ihm so sehr, dass sie vor nichts mehr zurückschreckte.
Am Ziel angekommen, breitete der Zauberer seinen Umhang an einem sonnigen Plätzchen aus und sie setzen sich. Leorella ergriff das Wort: „ Was ist mit Dir denn los? Seit wir losgegangen sind hast Du noch keinen Ton gesagt. Du bist doch sonst nicht so eine Froschnatur!“ „Der kleine Zauberer sah sie an: „Ich mache mir große Sorgen. Ich wünschte ich könne eine Zeitverschiebung herbeizaubern und uns in die Zukunft bringen. Es wird bald einen Krieg geben. Ich habe es gesehen! Der Fürst wird mit seinem großmächtigen und egoistischen Gehabe den Zorn vieler auf sich ziehen.“ „Mit erschrockenen aufgerissenen Augen antwortete Leorella: „Aber dafür gibt es doch gar keine Anzeichen! Der Fürst war doch erst kürzlich beim seinem Nachbarn, Fürst Willibold! Er kam ganz gut gelaunt von dort zurück!“ „Ja,“ erwiederte der kleine Zauberer, „aber doch nur, weil die zwei sich verschworen haben. Ich weiß noch nicht was die beiden vorhaben, aber es ist nichts gutes. Vorhin, als wir durch die Hohlgasse gingen haben wir doch Fußstapfen gesehen. Das waren die Fußstapfen von sich eilenden Zwergen. Die Zwerge sind immer die ersten die etwas wissen und wenn die sich eilen, dann ist was fürchterliches im Busch. Wir müssen uns vorsehen, Leorella! Niemand darf davon etwas erfahren. Ich hätte Dir auch nichts erzählt, wenn ich nicht Deine Hilfe bräuchte. Wirst Du mir helfen?“ „Natürlich werde ich das, antwortete Leorella, „aber ich wüßte nicht, was ich kleine Magd tun könnte.“ „Du kannst mehr tun als Du denkst, als Magd kommst Du überall im Schloss rein und kannst den Fürsten genau beobachten. Du musst mir täglich berichten was er gemacht hat, mit wem er geredet hat, ob er Briefe versendet hat, wenn ja, möglichst auch an wen. Du musst mich über alles was Dir auffällt sofort unterrichten.“ Wirst Du das tun?“ fragte der kleine Zauberer fordernd.“ Der Tonfall erschreckte die Magd. Sie wußte, dass es um etwas ernstes ging. Noch nie zuvor hatte der Zauberer so mit ihr gesprochen. Mit belegter Stimme flüsterte sie: „Ja, natürlich werde ich das tun. Wenn ich Dir damit helfen kann.“ „Das kannst Du, antwortete der kleine Zauberer mit einer viel sanfteren Stimme und strich ihr dabei sanft über die Wange, „aber es darf niemand erfahren. Noch nicht jetzt. Wir müssen erst herausfinden um was es geht und wem wir vertrauen können.“ Leorella nickte und sie saßen noch eine weile schweigend in der Sonne. Ein seltsames Gefühl der Verschworenheit verband sie mehr als sonst. Erst als die Sonne sank und es schnell kühler wurde gingen sie wieder schweigend zurück zum Schloss.

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Zuletzt bearbeitet von Crookshanks am So 09 Apr, 2006 09:37, insgesamt einmal bearbeitet
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BeitragVerfasst am: Sa 08 Apr, 2006 19:54 Antworten mit ZitatNach oben

Konkurrenz

Hoi Sin steht an der Bushaltestelle im Regen, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Seine Fingerknöchel, jetzt noch weiss, werden bald bläulich schimmern. Dafür hat er's dem bescheuerten Renee aber gegeben. Hält sich wohl fuer nen verdammten Star, das Weichei. Leider leiden die im Auswahlkommittee ja auch alle an Geschmacksverirrung. Aber nächstes Jahr, da wird er's denen zeigen. 'Nicht genug Bandbreite'. Pff. Nächste Woche auf der Bühne wird Renee dafür extra Schminke brauchen, um das Veilchen zu überdecken. Da wird sein Pseudo-Künstler-Goatie auch nix helfen.
Bei dem Gedanken grinst Hao Sin das erste Mal an diesem Tag. Es ist kein freundliches Grinsen. Ein gekickter Stein landet vor seinem Fuss und er schaut hoch. "Oi!" Seine Schulterblätter ziehen sich zusammen.
"Ach. Du tlaust Dich nul mit Velstälkung hielhel? Odel worren die vierreicht in Deine Fusstapfen tleten? Ne Lunde heisse Ohlen gefärrig?" - "Du 'ast noch was gut bei mir, 'ühnerbrühe-mit Stäbchen-fresser!" - "Bessel ars rebendige Amphibien, Du Floschnatul!" - "Idiot!" - "Ja? Du kannst doch serbst bei Zeitvelschiebung nicht von 12 bis Mittag denken!" - Ah! Wenn Ge'irnwellen gleich Wasser sind, gibt's bei Dir doch bloss Dizzelregen!" - "Und bei Dil bross Sonnenschein!" - "Dein Kopf ist eine 'ohlgasse!" - "Da hat meine Stimme wenigstens mehl Vorumen, nicht wie Dein piepsiges Vogergezwitschel!" - "Ah, und Du singst wohl schön, mit Deinem Reibeisen?" - "Komm Du elstmar in den Stimmbluch, Du Gordkehrchen!" -
"Gugel'upf!!" -
"Dlosserbalt!!" -
"Gelbfüssler!!" -
"Ah, fliss Glas."

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BeitragVerfasst am: Mo 10 Apr, 2006 13:03 Antworten mit ZitatNach oben

Aus dem Fenster sah man ins Frühlingserwachen. Ãœberall sprossen die Knospen der Bäume, die Luft bekam einen warmen Duft, und auch der Wind umfächelte milde den Elfenbeinturm. Vogelgezwitscher drang aus dem Tal herauf und lustige Goldkehlchen, Kohlmeisen, Drosselbärte, Gelbfüßler, Gugelhupfe und Amseln hüpften durch die Zweige. Sie stritten lautstark und fröhlich um Weibchen und die besten Nistplätze. Der Sonnenschein hatte den Dizzleregen der vergangen Tage verdrängt und tauchte alles in ein freundliches Licht. Wie schön das Leben, wie einfach da das Dasein sein könnte. Grünes Gras bahnte sich den Weg durch den Filz des vergangenen Jahres.

Esmaralda füllte duftende Hühnerbrühe in Suppenschalen und rief den Zauberer und mich an den großen Tisch.
Sie hatte die Papiere etwas beiseitegeräumt, damit wir endlich mal etwas Platz und Zeit hatten, in Ruhe zu essen. Seit Tagen saßen wir und brüteten über großen Problemen. Und auch jetzt sah man dem Zauberer an, dass er an kaum etwas anderes denken konnte. Sorgenfalten hatten sein Gesicht zerfurcht, und die letzten durchwachten Nächte hatten Ringe unter seine Augen gemalt, die aussahen, als hätte ein Riese seine Fußstapfen hinterlassen. Esmaralda versuchte ein Gespräch zu beginnen, aber es war niemandem nach Reden zumute. So erstarb jeglicher Ansatz nach zwei oder drei Sätzen. Wir fühlten uns wie in einer Hohlgasse. Das Grauen kam auf uns zu und wir konnten weder ausweichen noch zurück. Wer hätte geglaubt, dass es wirklich einmal passieren würde, und wie sollte es aufgehalten werden? Was wir wussten war schlicht unglaublich.

Nach Berechnungen vom Zauberer, die sich wiederum auf Beobachtungen eines Kollegen stützten, würde binnen weniger Tage eine Zeitverschiebung stattfinden.
Was sich nach einer Kleinigekeit anhörte und den Klang der unnötigen Umstellung auf Sommer- oder Winterzeit hatte, bedeutete aber gar schreckliches.
Es war anzunehmen, dass die Erdachse verschoben wird, und dadurch das gesamte irdische Gleichgewicht durcheinander kommt! Das Magnetfeld würde ganz unberechenbar in sich zusammenfallen, und sich irgendwie – nur ganz anders als zuvor – wieder aufbauen.
Die Welt geriete aus den Angeln, die Berge würden fallen, der Himmel einstürzen und auch die Meere stiegen erbarmungslos. Der Elfenbeinturm würde schwanken (das alleine wäre nicht schlecht, meinte der Zauberer, dann würden einige der Betonköpfe und Froschnaturen mal etwas wach werden) und zerbrechen und dann ginge das gesamte bekannte und verborgenen Wissen dieser Welt verloren (ganz zu schweigen von meiner Wohnung, meinte der Zauberer).

Ein Katastrophe ungeahnten Ausmaßes würde jegliche Zivilisation vernichten, und die Menscheit in Düsternis, Anarchie und Dummheit zurückwerfen (vor einigen Tagen hatte der Zauberer noch zynisch bemerkt, dass es kein großer Unterschied zu jetzt wäre – aber selbst sein Zynismus war nun entschwunden).

Mit dem Ausdruck starker Zahnschmerzen zog der Zauberer ein Papier aus dem Stapel. Es fielen zwar einige Stapel auf den Boden, und verteilten sich ungelichmäßig, aber das schien ihn nicht zu stören.
Da schlug seine Türglocke an. Wer wagte es den Zauberer (und uns) bei der Rettung der Welt zu stören?
Es war besagter Kollege – breit grinsend rief er fröhlich: "April April!"

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BeitragVerfasst am: Mo 08 Mai, 2006 12:47 Antworten mit ZitatNach oben

Ich wollte nur schnell mal ins Dorf und etwas einholen. Da habe ich mich in den Katakomben des Elfenbeinturmes verlaufen. Der Weg ist mir ja bekannt, aber diesmal habe ich wohl eine falsche Abzweigung genommen. Mir fiel es auch erst auf, als ich sonstwo war. Denn ganz im Gedanken rezitierte ich die Ballade von König Drosselbart, so achtete ich nicht auf meinen Weg. Unversehens fand ich mich in einem tiefen Labyrinth wieder, aus dem ebenso schwer wieder rauszukommen war, wie rückwärts mit einem 40-Tonner nebst Anhänger aus einer Hohlgasse herauszufahren. Irgendwann jedoch öffnete sich ein dunkler Raum. Und da der Weg vor manchmal auch der Weg zurück ist, beschloss ich ihn zu durchqueren.
Wie sehr erschrak ich, als ich gewahr wurde, dass ich nicht alleine war. Aus einer Ecke drang fahles Licht herüber. Wie die Motte von der todbringenden Kerze, war auch ich von dem Schein gefangen und angezogen.
Nähertretend sah ich, wie eine zusammengesunkene Gestalt bei einer blassen Fackel saß und sehr traurig aussah. Ich räusperte mich.
Langsam drehte der Mann (war es ein Mann??) seinen Kopf zu mir. Und eine schleppende Stimme, die unendlich alt klang, schepperte: „Ah! Allo. Ich habä diich gähöörrrt schon lannge, bävoorrr du hiirrr. Was stöörrrst du miich in Trrrauärrr?!“
Ich musste zwei oder dreimal schlucken – nur war mein Hals trockener als der Gugelhupf meiner Mutter. Es war ein Vampir – und ich hatte ihn auch noch gestört! Dann war es nun wohl vorbei mit dem Hören von fröhlichem Vogelgezwitscher von Goldkehlchen und Gelbfüßlern! Zukünftig gibt’s eben Schwarzsauer statt Hühnerbrühe. Ade, du schnöde Welt.
„Sätz diich!“
Sein „ch“ klang als würde ein trockenes Stück Holz brechen.
„Was machst iin tiefe Älfenbejnturrm?“ fragte er mich.
„Öhm“, sagte ich und es klang sicherlich nicht sonderlich intelligent, „ich habe mich verlaufen“.
„Passiirrrt schnäll in Dunkelhejt! Ist gäfäärrrlich! Du wejst nigt, was hiir für schlimme Dinge giibt!“
„Zum Beispiel Vampire!?“ Ups! Das war mir so eben mal rausgerutscht. Ob ich ihn nun noch mehr verärgert hatte? Aber nein, ein trauriges Lächeln huschte über sein Gesicht. Vampire haben übrigens wirklich so gemein lange Eckzähne.
„Ja, Vampiirrre. Dii giibt äs hiirrr. Abärrr du biist bekannt uns. Fiirchtä diich nicht! Wohiin hast du dich värrrlaufen?“
„Nun, ich war auf dem Weg ins Dorf, um einige Sachen zu kaufen.“ sagte ich und wollte noch fragen, ob er mit den Weg zeigen könne. Aber er sprach schon weiter.
„In Dorrf etwas kaufen. Das sejn gutt! Ich biin lange niicht määr gäwäsen in Dorrf. Ist nicht ejnfach als Vampirrr. Nix gut Arrbejt. Auch mit gute Schulä. Nur Arrbejt in Blutbank, ganze Tag, oder in Forrrschung. Frrroschnaturr ärrforschän wejl viillejlcht gutt für Blutgäwinnunk. Viil Arrbejt, wänig Geld! Und nurrr Arrbejt nachts. Kejne tarriflich Zusatzzahlung! Nii ejne scheene Spaziirrrgang in Sonneschejn! Kejn griines Gras unterr die Fiiße! Kejn Spiegälbiild, kejn Fiißstapfän! Und immärrr wieder wachwerden in Sarg! Nix gut als Vampirrr. Aberrr wirrr lange da sejn, krrriegen kejne Ruhe. Kannst du diirr vorrrställen? Nejn, kannst du nigt. Aberr du bist bekannt und brrrauchst habän kejne Angst. Irgendwann, in Zuukunft, Wält wiird sejn siichär ohne Vampirr!“
„Das hört sich – traurig an.“ sagte ich, und wusste gleich, dass ich mal wieder etwas ziemlich dummes gesagt habe, war es mir zu verdenken? Man hat ja auch nicht täglich ein Interview mit einem Vampir.
„Aber warum gibt es nur Nachtarbeit für Euch? Die Blutbank ist doch tagsüber geöffnet.“ „Ist dunkel dorrrt. Keennän wir auch arbejten, abär die neehmän liebär Frauän. Keennän bässer stächen. Du musst wejter, sonst Mänschen suchen dich. Griiße an Zaubärär, är kännen mich, Franciszek.
Du musst nun gähen diiße Wäg!“
Er zeigte wage in eine Richtung, die ich nie eingeschlagen hätte. Als ich mich bedanken wollte, war ich allein. Es war mir wie ein Schlag in den Magen. Eben noch da – jetzt schon fort. Wer es einmal in den Knochen hat…
Ich ging wie benommen durch die Dunkelheit. Nach etwa einer Stunde kam ich aus einem versteckten Eingang in der Nähe des Dorfes heraus. Als hätte eine Zeitverschiebung stattgefunden. Meine Uhr stand, und ich wusste nicht, wie lange ich wirklich unterwegs gewesen war. Es fiel auch ein frischer Dizzleregen – war es vorhin nicht noch strahlender Sonnenschein gewesen. Ich ging weiter. Ratlos, verwirrt und stumm.

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BeitragVerfasst am: Di 09 Mai, 2006 18:01 Antworten mit ZitatNach oben

Es war seltsam. Wo war sie nur hingeraten! Soeben war sie noch im Gras, auf einer wunderschönen Wiese im Sonnenschein gesessen ein wenig in ihrem Lieblingsmärchen König Drosselbart gelesen und nebenher den Gelbfüßlern auf dem See beim balzen zugeschaut, eine Hühnerbrühe gegessen und sich schon auf den Gugelhupf zum Nachtisch gefreut. Doch urplötzlich, von einer Sekunde auf die andere sah sie wie eine eine düstere Nebelwand sich durch die Hohlgasse, durch die sie gekommen war, schnell auf die zukam. Schon spürte sie die Wassertropfen des Nebels wie Dizzelregen auf ihrer Haut. Als der Nebel sie ganz eingehüllt hatte, glaubte sie Fußstapfen zu hören. Ganz dumpf und wie von weit her. Trotzdem klangen sie so laut als ob sie von etwas besonders großem verursacht wurden. Sie versteckte sich schnell hinter dem Baum in dem Sekunden zuvor noch ein Goldkehlchen lustig musiziert hatte. Hier stand sie nun, das Vogelgezwitscher hörte sie immernoch, aber durch die Nebelwand klang es, als ob sie Watte in den Ohren hätte. Die Fußstapfen dröhnten in ihrem ganzen Körper. „Sei keine Froschnatur,“ murmelte sie sich selbst zu um sich Mut zu machen, „das ist ein ganz normaler Nebel diese Fußstapfen sind bestimmt von Reitern, die duch die Hohlgasse reiten.“ Aber sie glaubte es selbst nicht. Immernoch dröhnten die Fußstapfen wie ein Bass und liesen ihren ganzen Körper vibrieren. Ein eiskalter Schauer lief ihr den Rücken hinunter. Erst kürzlich hatte sie eine Geschichte gehört, dass hier an dieser Stelle manchmal ein unheimlicher Nebel aus dem Moor heruberziehen würde und schon viele Menschen darin verschwunden waren. Es gab Gerüchte, dass der Nebel ein Zeitloch öffnen und die Menschen in eine Zeitverschiebung geraten und nur selten wieder herauskommen würden. Sie hielt das damals für eines der üblichen Schauermärchen, die man sich abends am Lagerfeuer erzählte, aber jetzt…. Es war real! Sie steckte mitten in diesem Nebel und Zeit und Raum schien darin verschluckt zu werden. Sie wusste nicht wie lange sie tatsächlich in dem Nebel feststeckte, aber es konnte sich nur um Minuten handeln. Der Nebel war so schnell verschwunden wie er gekommen war. Mit ihm die Nässe, das dröhnen, die Sonne, das Vogelgezwitscher sogar die balzenden Gelbfüßler. Nur ihre Picknickdecke lag völlig verknüllt in der Nähe des Baumes in der Dunkelheit. Der Dunkelheit einer sternenlosen Nacht.

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BeitragVerfasst am: Fr 12 Mai, 2006 09:31 Antworten mit ZitatNach oben

Langsam kroch er die Hohlgasse entlang. Grässlicher Sonnenschein wärmte ihn. Aber unter ihm war es kühl und nass. Der Hunger trieb ihn. Irgendwo musste es hier Nahrung geben. Wallend quoll er auf die Wiese. Schnell waren einige Drosselbarte veschluckt. Im Gras saß auch noch ein Goldkehlchen. Alle Geräusche, alles Vogelgezwitscher, alle Wärme wurde verschluckt und aufgenommen. War da nicht auch noch ein Menschlein? Ja, aber sie lief schnell zum heiligen Baum. Woher wusste sie das? Jeder, der sich dort verbarg war geschützt. Auch die Nachtigall war sicher, zumindest hatte sie aufgehört zu singen. Was gab es noch zu essen? Einige Gelbfüßler auf dem Teich, ein wenig Gugelhupf, ein Rest Hühnerbrühe! Nicht mal einige Amphibien, diese Froschnaturen haben sich schnell im Wasser versteckt! Alles lebendige war vertilgt. Es blieb nur noch die Zeit. Die konnte nicht weglaufen, auch wenn sie es versuchte. Er spürte ihren schnellen Schritt, doch die Flucht mochte nicht gelingen. Da konnte sie Stampfen und Dröhnen wie sie wollte! Er verschluckte einen halben Tag, dann zog er sich zurück. Zerknüllte noch die Picknickdecke, die im Gras lag, und war – verschwunden. Der Boden nass von etwas Dizzleregen und eine Zeitverschiebung von einigen Stunden, waren alles was blieben!
Und ein Menschlein, dass Fußstapfen im feuchten Gras hinterließ. Vergänglich und flüchtig…

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BeitragVerfasst am: Mo 15 Mai, 2006 13:46 Antworten mit ZitatNach oben

Es war ein schönes Wochenende mit Freunden. Wir kannten uns schon lange, hatten uns aber nie gesehen. Man kannte sich sozusagen virtuell. Ich war sehr gespannt ob die Menschen meiner Vorstellung entsprechen. Ich muss sagen, ja, sie haben meiner Vorstellung entsprochen.
Aber ich fange am besten von vorne an zu erzählen. Am Freitag machte ich früh Feierabend, setzte mich ins Auto, organisierte noch etwas fürs „Mitbringsel“ und fuhr dann los. Eine gute Strecke fuhr ich alleine, aber unterwegs holte ich eine Freundin ab. Wir hatten strahlenden Sonnenschein und die Fahrt war sehr angenehm. Wir kamen auch, trotz der weiten Strecke, nicht allzuspät am Ziel an. Wir wurden herzlichst begrüßt und über die Wohnung konnte ich nur staunen. Ich glaube meine ganze Wohnung würde alleine in das Wohnzimmer passen. Am späteren Abend kam noch eine weitere „Bekannte“ von noch weiter her an. Wir saßen dann zusammen und erzählten uns Geschichten. Nein, keine Märchen wie König Drosselbart, sondern Geschichten die das Leben schreibt, auch wenn die manchmal anmuteten wie ein Märchen.
Nur langsam löste sich die „Gesellschaft“ auf, was sehr verwunderlich wahr, weil die meisten einen langen Weg und teilweise gar Zeitverschiebungen in Kauf genommen hatten. Am nächsten morgen war ich sehr früh wach, vielleicht war es das ungewohnte Vogelgezwitscher oder die Fußstapfen aus dem ersten Stock oder ich hatte einfach ausgeschlafen. In jedem Fall brauchte ich erst mal eine halbe Kanne Kaffee um richtig zu mir zu kommen. Ich hatte schon Angst man würde mich als Froschnatur bezeichen, weil ich so schweigsam bin. Aber nach der dritten Tasse kam ich wieder in gewohnte Form. Weil es nicht weit war, entschied ich mich meine Cousine mit Familie zu besuchen. Das war ein netter Ausflug. Ich verspätete mich natürlich wieder ein wenig und als ich zurück kam, saßen schon alle bei Kaffee und Kuchen. Leider hatte ich keinen Hunger, nicht einmal ein Stück Gugelhupf hätte in mich reingepasst.
Danach machten wir einen kleinen Spaziergang. Es war nicht weit, nur ein paar Feldwege und eine Hohlgasse entlang, aber wir hatten viel Spaß dabei und viele Kühe und Schafe gesehen.
Nachdem wir zurück waren wurde der Grill angeworfen. Auch ein leichter Dizzelregen konnte uns nicht davon abhalten auf der Terasse (unter dem Dach) zu sitzen. Es war hübsch dort in der Natur. Ãœberall so lustige Vögel, wie Goldkehlchen und Gelbfüßler. Letztere entpuppten sich dann allerdings doch als Goldfasanen, aber auch an anderen Tieren mangelte es nicht. Es gab Hunde, Katzen, Schafe und Kühe. Leider auch Tiere die nicht so putzig waren. Bei meinen zahllosen Spaziergängen durchs Gras stach mich wohl eine Grasmücke. Gegen diese Viecher bin ich allergisch, was einen dicken Fuß zur Folge hatte, aber diese Kleinigkeit konnte die schönen Seiten des Wochenende nicht trüben. Auch an diesem Abend gingen wir spät ins Bett. Nachdem wir noch einige amüsanten Geschichten aus dem Leben erzählt hatten fielen wir alle todmüde ins Bett. Am nächsten Tag schliefen wir alle etwas länger. Leider lag ja noch der weite Weg vor uns und wir mussten recht früh aufbrechen. Wir kamen trotz teilweise recht heftigen Regens und einem kleinen Verfahrer recht schnell an unser Ziel. Am Abend war ich dann so müde, dass ich gerade noch eine Hühnerbrühe essen konnte und dann in tiefen, festen Schlaf sank…

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BeitragVerfasst am: Mo 15 Mai, 2006 14:17 Antworten mit ZitatNach oben

Was für ein wundervolles Wochenende!

Sonntag, 14.05.2006, 17.30 Uhr

Soeben sind auch die letzten Gäste wieder weggefahren. Ich habe gewunken, bis auch der letzte Schatten des Autos in der Hohlgasse verschwand. Der Dizzelregen hatte sich schon am frühen Nachmittag verzogen und Sonnschein Platz gemacht. Der Abschied war schwer gefallen und nun übereilen mich die Erinnerungen an ein traumhaftes Wochenende. Nach so langer Zeit sollte ich endlich 2 lieb gewonnene Menschen aus meinem Internetforum treffen und eine neu kennen lernen. Was war ich aufgeregt. Was, wenn wir uns in der Realität gar nicht verstehen? Was, wenn sich ein Kneazle als Froschnatur herausstellt? Und was sollte ich für Kuchen backen? Moderne Designertorte oder lieber altbewährter Google- äääh Gugelhupf? Am Freitag war es dann soweit. Am Abend kamen die Beiden ohne große Zeitverschiebung von München über Nürnberg bei uns im kleinen Delbrück an. Froschnatur? Nein, dass kann man nun gar nicht über den Kneazle sagen! Eine hübsche und liebenswerte Prinzessin (viel netter als die aus dem Märchen Drosselbart) stand mit bayrischen Grüßen in unserem Flur. Und neben ihr die liebe Katzenfreundin! Meine Freude war groß und so lud ich an den Tisch. Ich hatte mich gegen Hühnerbrühe und für belegte Brote entschieden. Bei einem Glas Wein lerne ich den Kneazle näher kennen, während mein lieber Gatte mit der Katzenfreundin die beste Freundin vom Flughafen abholte. Es wurde früh an diesem Abend, und die Nacht war nur kurz. Das Gras war noch ganz nass als der liebliche Kneazle noch etwas verschlafen durch unsere zu befeiernde Wohnung Tapste. Ein bis zwei Tassen später kam auch die liebe, liebe Katzenfreundin dazu und wir leitete den Tag ein. Und was für einen Tag! So viel Spaß habe ich noch nie gehabt! Während ich Schneewittchentorte und Muffins buk, sorgten die beste Freundin und die allerbeste Katzenfreundin talentiert für Sitzgelegenheiten. Der weitere Besuch wurde aufs herzlichste empfangen und fühlten sich sofort wohl. Herzliches Gelächter vermischte sich mit dem Vogelgezwitscher und sorgte dafür, dass auf unserer Terrasse auch des nachts jetzt die Sonne scheint (zumindest in klein und in Lampenform ;o) ). Die Feuerstelle wurde eingeweiht und Geschichten über Gelbfüßler und Eierdrippler wurden erzählt. Stimmen wie die von Goldkehlchen erfüllten den Garten und das Haus. Natürlich gedachten wir auch daheim gebliebener Internetpersönlichkeiten. Auch die nächste Nacht war nur kurz, doch ich genoss jede Minute unseres Zusammenseins. Schwer fiel der Abschied von jeder der Freundinnen, und wir versprachen uns feierlich, die Zeit bis zum nächsten Treffen nicht zu lang werden zu lassen. Und nun sitze ich hier und denke an den Ausspruch eines weisen Mannes: Ein jeder Mensch, der dir Begegnet, hinterlässt Spuren in deinem Leben, wenn du ihn lässt. Die Menschen, die an diesem Wochenende unsere Wohnung bevölkerten hinterließen ihre (Fuß-) Spuren nicht nur in unserer Wohnung, nicht nur in unserem Garten… sondern auch und vor allem in meinem Herzen!

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BeitragVerfasst am: Di 16 Mai, 2006 09:30 Antworten mit ZitatNach oben

So, zum Abschluss von mir noch eine Variation zum Nebel, in
der Zwischenzeit ergänzt und editiert. Wem fällt auf, was geändert wurde?
;-)

Dieser dumme Nebel!
Aber was will man denn auch von einem Nebel erwarten? Dumm wie ein Gugelhupf, einfältig wie eine Froschnatur und versteht nichts. Wie blasiert er immer durch die Hohlgasse quoll.
Das arme Mädchen auf der Wiese, die würde er wieder ängstigen, mit seinem Dizzelregen umfangen und meinen, er könne sie verspeisen.
Esmuss König Drosselbart gewesen sein, der ihm diesen Unsinn erzählt hatte! Was für ein Quatsch! Dafür hatte sie dem Möchtegernkönig auch einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten gegeben.
Die Zeit schüttlete ihren Kopf. Die Goldkehlchen und Gelbfüßler flogen einfach davon, den Kuchen würde sich der kleine Fuchs schnappen und er der Nebel bemerkte mal wieder nicht, dass er nichts "aß". Auch Zeit konnte dieses Gewaber von Dunst nicht verspeisen.
Einzig sein Glaube an seinen unstillbaren Hunger ließ ihn nur sehen, wass er gerne wollte. Wo war der Held, der es diesem verbohrten Wasserdampf klarmachen konnte?
Das einzige was annährend stimmte, war, dass sich die Menschen nach dem Nebel fühlten, als hätten sie eine Zeitverschiebung erlebt. Diese Wolke enthielt ein sonderbares Gas, was das Zeitempfinden störte. So hatte die Nachtigall ihr Vogelgezwitscher nicht eingestellt, sondern machte nur eine Pause, die dem Vogel nicht länger vorkam als sonst. Objektiv betrachtet vergingen aber Stunden. Auch das Mädchen verweilte Stunden unter dem Baum, obwohl nur es ihr vorkam, als seien es nur wenige Minuten gewesen. Klar, dass der Sonnenschein schon lange verschwunden war, als der Nebel endlich verschwand. Das Menschlein hinterließ Fußstapfen im feuchten Gras und lief verängstig nach Hause.
Die Zeit spürte fast so etwas wie Mitleid. Armes Menschenkind, lauf nach Hause und iss etwas Hühnerbrühe, das tut gut.

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Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben;
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BeitragVerfasst am: Fr 26 Mai, 2006 10:44 Antworten mit ZitatNach oben

Alles wird gut

Glücklich saß Emily an ihrem Fenster und wartete ungeduldig auf Seraphine. Nur das schlechte Gewissen ihrem Schutzengel gegenüber konnte ihr großes Glück etwas trüben. So lange hatte sie keinen Kontakt zu Seraphine aufgenommen und dabei hatte diese ihr doch so sehr geholfen, als alles noch ganz schlimm war und Emily ganz traurig und verzweifelt war. Doch jetzt saß Emily ja auf ihrem Lieblingsplatz und wartete darauf, dass der Schutzengel kommen würde. Es war schon früh am Morgen. Vogelgezwitscher drang zu ihr hoch und die Luft roch nach Gras. Die halbe Nacht hatte es einen Dizzelregen gegeben und die frühe Morgenluft roch wie frisch gewaschen. Sicher würde morgen wieder Sonnenschein den tag noch schöner machen. Momentan konnte nicht einmal Dauerregen oder Gewitter Emily den Tag vermiesen, so glücklich war sie. Ihre Eltern hatten sich anscheinend vertragen. Immer häufiger hatte er sie in letzter Zeit ins bett gebracht, wenn es Zeit für sie wurde, Schlafen zu gehen. Hatte ihr die Geschichte von König Drosselbart vorgelesen oder die Geschichte von den Gelbfüßlern erzählt. Manchmal hatte er auch einfach im Türrahmen gestanden und zugescheut, wie Mama sie in den Schlaf sang. Dabei hat er so gelächelt, wie die Menschen sonst zu Weihnachten lächeln und Mama „mein Goldkehlchen“ genant (was Emily schon ein wenig albern fand). Dann nahm er sie in die Arme und schaute ihr lange in die Augen. Mama wurde dann meist etwas rot und beide begannen albern zu kichern. Wie kleine Mädchen fand Emily.
Er war krank gewesen, ihr Papa. Eine schlimme Erkältung hatte ihn ans bett gefesselt und Mama und Emily hatten sich Sorgen um ihn gemacht. Spätestes da hatte Emily immer mehr gehofft, dass der Papa bald wieder bei ihnen einzieht, denn wer macht sich schon Sorgen um jemanden, den er nicht mehr lieb hat? Mama und sie hatten Hühnerbrühe gekocht und Gugelhupf gebacken. Zusammen mit Zwiebelhustensaft und Tee hatte Emily dann alles zum Papa gebracht. Er wohnte ja nicht weit weg und die Adresse kannte sie auswendig: Hohlgasse 17. Papa hatte sich riesig gefreut und Mama später angerufen, um sich zu bedanken. „Bei soviel liebevoller Pflege werde ich sicher ganz schnell gesund!“, hatte er gesagt und: „Eine Froschnatur wie mich lässt sich doch nicht unterkriegen“. Da hatte Emily laut lachen müssen. Dieses Wort hatte sie ja noch nie gehört. Ihr Papa ein Frosch Das war wirklich zum Lachen.
Emily hörte konzentriert in die nacht. hatte sie da nicht gerade Fußstapfen gehört? „Achwas“, schimpfte sie mit sich selbst, „Fußstapfen! Engel machen doch keinen Lärm, wenn sie kommen“. Emily lachte und als hätte Seraphine sie gehört, kam sie auch schon angeschwebt. Emily konnte sie schon von weitem leuchten sehen. „Seraphine“, rief sie, „liebste Seraphine! Ich habe dir soviel zu erzählen und ich hab mich so lange nicht gemeldet. Es tut mir so leid“ „Ich weiß, kleine Emily, ich weiß!“, entgegnete Der Schutzengel und ließ sich auf Emilys Bett nieder. „Verzeih mir meine Verspätung, aber die Zeitverschiebung macht mir immer mehr zu schaffen. Die Uhren laufen einfach anders, da wo ich herkomme.“ Sie zwinkerte Emily zu. Diese setze sich schnell neben ihren Schutzengel und begann zu erzählen. Von ihren Eltern erzählte sie, vom Kuchen, den sie gebacken hatten und von der Froschnatur. (An dieser Stelle musste selbst Seraphine lachen, denn dieses Wort war selbst ihr noch nicht untergekommen.) Und Emily erzählte und erzählte.
„Seraphine?“, fragte sie müde, als ihr schon fast die Augen zufielen, „Seraphine, wirst du auch immer wiederkommen?“ Seraphine streichelte Emily über das Haar. „Ich werde immer für dich da sein kleine Emily. Wenn du mich brauchst, musst du nur an mich denken und ich werde wiederkommen.“ Sie deckte das kleine Mädchen zu und sah sie zärtlich an. Emily seufzte noch einmal wohlig und war dann auch schon eingeschlafen.

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BeitragVerfasst am: So 28 Mai, 2006 16:41 Antworten mit ZitatNach oben

Markus Reinhard starrte müde seinen Wecker an. Es konnten doch höchstens 10 Minuten her sein, seit dem er eingeschlafen war. Diese blöde Zeitverschiebung von Winter- auf Sommerzeit. Er wollte sich gerade wieder in die Kissen kuscheln, als Frederike Ohlsson das Schlafzimmer betrat. „Steh auf, Schatz!“, rief sie frisch wie der junge Morgen. Reinhard schaute ihr zu, wie sie den Inhalt „ihrer“ Seite des Kleiderschrankes kritisch musterte. „Du solltest heute auch eines der neuen Polohemden anziehen, die dir so gut stehen“, sagte sie über die Schulter, „Es soll das ganze Wochenende Sonnenschein geben!“ Markus Reinhard lächelte in sich hinein. Das Glück, nicht mehr allein zu wohnen, genoss er erst seit wenigen Wochen wieder. Viel zulange hatte er dieses große Haus alleine bewohnt und wäre fast zur Froschnatur mutiert. Erst als Silvester sein Assistent und inzwischen auch Freund Mika Hannson mit seiner Freundin Lisa und seiner Cousine Frederike urplötzlich vor der Tür standen, hatte für ihn ein neues Leben angefangen.
„Raus aus den Federn“, rief Frederike ihm vom Fenster aus zu. Sie zog die Gardinen auf und öffnete das Fenster. Vogelgezwitscher und der Geruch nach feuchtem Gras drangen ins Schlafzimmer. „Ist ja gut“, gähnte Markus Reinhard und streckte sich. „Es war spät heute Nacht. Mika und ich haben die halbe Nacht im Dizzelregen nach Fußstapfen in der Hohlgasse gesucht.“ Wieder war eine Frau in einem Waldstück tot aufgefunden worden. In den letzten Wochen wurden 5 Frauen entführt und nach einer Weile getötet in Waldstücken abgelegt. Der Serientäter nannte sich selbst „Drosselbart“ und war schlau genug, seine Spuren jedes Mal zu verwischen. Es war der erste Fall, an dem auch Frederike mitarbeitete. Sie war Psychologin und versuchte, herauszufinden, warum der Täter diesen Namen aus dem Märchen wählte. Sie hofften dadurch mehr über ihn zu erfahren. „Ich geh erst einmal unter die Dusche, dann geht es mir sicher schon besser, Prinzessin“, sagte er während er sich Polohemd und Hose schnappte.

Eine halbe Stunde später erschien er schon deutlich wacher in der Küche, wo Frederike dabei war, Hühnerbrühe in eine Thermoskanne zu gießen. Er küsste ihr auf die Nasenspitze und versuchte ein Stück Gugelhupf zu naschen, der neben einem Picknickkorb stand. „Hände weg!“, lachte sie, „Der ist für heute Nachmittag! Mika und Lisa sollen auch noch etwas davon haben“. Für das Wochenende war eine gemeinsame Tour an die See nach St. Peter Ording, zusammen mit den Freunden geplant. „Ein ganzes Wochenende keine Arbeit, kein Pager, keine Morde, wie ich mich darauf freue“ seufzte Frederike. „Ob ihr das durchhaltet?“, lachte sie und schmiegte sich an ihren Kommissar. Reinhard kam um eine Antwort herum, denn es klingelte an der Tür und er beeilte sich, Mika Hannson und Lisa Harms zu öffnen. Lisa flitzte gleich zu ihrer Freundin in die Küche, um in den Picknickkorb zu linsen. Markus Reinhard und Mika Hannson gingen vor die Tür und Reinhard fragte seinen Assistenten leise: „Hast du etwas Neues?“ Mika Hannson schaute sich vorsichtig um und berichtete leise von seinem Telefonat mit der „SpuSi“, der Spurensicherung. „Es scheint, als habe unser „Drosselbart“ seinen ersten wirklich großen Fehler gemacht und sich ein Opfer ausgesucht, dass auch märchenfest ist. Er hat sie wieder erst am Fundort getötet und sein Opfer hat die Gelegenheit
eine Sandspur zu legen. Sie hat vom Auto an Sand auf den Boden rieseln lassen und so haben wir den Standort des Autos gefunden.“ „Ist es denn sicher, dass sie diese Spur gelegt hat“, unterbrach ihn Markus Reinhard“ „Sie hatte noch Sand in der Rocktasche. Dort hatte sie ein Loch rein gerissen, damit sie unbemerkt den Sand rieseln lassen kann.“ „Konnte die SpuSi Reifenabdrücke nehmen?“ fragte Reinhard aufgeregt. „2 Teilabdrücke haben sie gefunden und gegossen. Jetzt müssen wir nur noch hoffen, dass sie uns zum richtigen Auto führen“, grinste Mika Hannson.
„Was beredet ihr den da schon wieder?“ Markus Reinhard und Mika drehten sich um. In der Tür standen die beiden Frauen, die Arme vor der Brust verschlungen. „Sie können es einfach nicht lassen!“, sagte Frederike zu ihrer Freundin. „Ich denke dafür müssen sie zahlen!“, lachte Lisa „Eine Runde heiße Schokolade bei Renato dürfte da gerade ausreichen“, antwortete Frederike und an die Männer gerichtet sagte sie: „Und nun beladet das Auto, bevor wir vor lauter Drosselbart noch zu Rostkäppchen werden!“ Alle lachten. Eine halbe Stunde später saßen sie im Auto auf dem Weg nach St Peter Ording. Auf dem Weg unterhielten sie sich angeregt über die ethymologischen Ursprünge von Worten wie Gelbfüßler und Eierdrippler. Am Ferienhaus angekommen begrüßte sie ein Goldkehlchen und selbst Mika und Markus Reinhard freuten sich inzwischen auf ein Wochenende ohne die Arbeit.

Ob sie es denn auch durchhalten werden? Ob sie Drosselbart noch fangen? Fortsetzung folgt

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