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BeitragVerfasst am: So 27 Apr, 2008 22:10 Antworten mit ZitatNach oben

Eigentlich wollte ich eine Geschichte über ein Schlossgespenst schreiben, dass in einem Ruinenrest lebt und mit seinen Tränen den Burggraben füllt.
Aber das war mit dann doch zu traurig.
Immerhin ist Frühling, da müssen Nebelschwaden, Herbstfrische und Unwetter nicht sein.

Dafür waren wir heute im Kasperletheater.
Ein älteres Männlein mit Kegelbauch und ungebrochener Lebenslust war Hauptakteur, Kartenverkäufer, Popkorn"dame" und Bühnenarbeiter in einer Person.

Ich mag diese leicht moralisch angehauchten Stücke nicht.
"Puppentheater wie zu Omas Zeiten"
Aha!
Und was sollen die Anspielungen auf den Räuber, der seine Bonbonpapier überall herumliegen lässt? Die Hexe, die ihre Kakaoflaschen immer in den Wald wirft?
Also bitte.

Die Geschichte ist immer die Gleiche. Soll ich einen Lobgesang auf die Beständigkeit anstimmen?

Urteilt selber:
Kaspers Großmutter hat Geburtstag und soll eine Kaffeemühle bekommen. Welches Kind kennt in Tagen von Pulverkaffee und Plastikcappucchino noch eine hölzerne Kaffeemühle? Aber gut.
Der böse Räuber hat sie gestohlen! Verrückt wie ein Hutmacher hat er den Kindern gesagt, dass sie nichts verraten sollten. Alle Kinder riefen: "Doch, wir sagen es dem Kasper!!!" Google rief: "Nimm die Mühle, ich verrate dich nicht!!"
Der Klabautermann mit grasgrünem Haar trat auf. Da er immer gerne Streiche spielte, fiel der Verdacht auf ihn!
Aller Kinder riefen: "Es war der Räuber!!" Googel rief:" Der Klabautermann war es!!"

Nächstes Bild: Der Räuberwald. Sehr idyllisch! Wassermaus und Eichhörnchen traten auf. Die Wassermaus hieß Robert, das Eichhörnchen Sandy.
Nee, war nur Quatsch. Es hieß sweet Gwendolin.
Das wiederum fand ich gut. "Wo ist dein Kabel?", rief Google - verständnislose Blicke von vielen Seiten. Dabei saß sogar ein Arzt neben mir. Noch Fragen?
Nachdem die beiden über Räuber und Hexe abgelästert haben, trat der blöde Räuber wieder auf. Blöder Typ. anstatt die Beute schnell zu verstecken und die Hexe flach... also links liegen zu lassen, erzählt er ihr alles. Dann stellt er die Kaffeemühle auf den Tisch und macht einen Spaziergang.
Prompt erscheinen Kasper und der Klabauter (durchdringend singend) und eroberten die Kaffemühle zurück. Der Grasgrüne trug sie in die Stadt zurück und Kasper spielte erst ein wenig Haschen mit dem Räuber, um ihn anschließend in seiner eigenen Höhle einzusperren.
Dann erschien auch noch die Hexe im Sonnenschein und zeigte sich etwas wehrhafter als der tumbe Räuber. Aber mit roher Gewalt hat er auch sie in die Räuberhöhle gestoßen und eingschlossen.
Warum eigentlich? Sie hatte gar nichts getan. Sie war nur *zufällig* dort vorbeigekommen, als sie etwas Bärlauch für ihre Kürbissuppe holen wollte.
Schwupps schon wird sie eingesperrt, ohne zumindest mal gefragt worden zu sein.
Ich halte das für ein sehr fragwürdiges Rechtsverständnis.
Auch Kasper geht nun zurück, um den bräsigen Dorfbullen zu holen, der die beiden einsperren soll.
Hätte er doch das Krokodil mit dem Kussmund geholt.
Dann hätte es zumindest noch etwas zu gucken gegeben.
So ging das ganze Stück ziemlich seicht zu Ende.
Oder war es gar auf Kinder mit Nervenschwäche ausgelegt? Die Lautstärke war in jedem Falle ohrenbetäubend. 200 schreiende Kinder.
"Kasper, fang den bösen Räuber! (wen sonst??) Er ist in der Räuberhöhle! (wo sonst??)" Und so weiter.
Naja, das Stück ist aus und die Kinder gehen geläutert nach Hause.
Was fehlt? Ein Marienkäfer, der die Oma hätte beißen können.
Egal, ich spiele den Kindern erstmal was lustiges vor.
Zum Beispiel etwas mit einem Arzt, der dem Krokodil die Halsschmerzen vertreibt und dann gefressen wird. Dann kommt Kasper, haut dem Tier auf den Kopf und wird dann vom Polizisten wegen Tierquälerei abgeführt. Die Prinzessin schreibt ihm glühende Liebesbriefe und muss sich dann in glühenden Schuhen zu Tode tanzen. Seppel will sie rächen und überfällt den König, steckt ihn in einen Sack und verkauft ihn als Hasen an den Kürschner. Zum Schluss heiraten Großmutter und Räuber und machen eine Unternehmensberatung auf.
Das sind Dinge, die Kinder sehen wollen!!

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BeitragVerfasst am: Sa 25 Okt, 2008 23:05 Antworten mit ZitatNach oben

Das Büro des Professors sah aus wie immer. Harry Potter war etwas beklommen zumute. Warum hatte ihn der Schulleiter rufen lassen? Gerade war er dabei, die Strafarbeit für Snape zu erledigen, die er für eine richtige Antwort erhalten hat. Ein etwa drei Meter langer Aufsatz über die Verwendung von Wassermäusen in einen Trank gegen Nervenschwäche. Dies war mal wieder eine extra gemeine Schikane, besonders da in dem Rezept keine einzige Maus vorkam.

Dumbledore saß wie üblich hinter seinem Schreibtisch, allerdings blätterte er etwas zerstreut in einer Ausgabe des Tagesproleten.
„Harry“, sagte er und schien etwas unkonzentriert zu sein. Ein letzter Strahl des Sonnenscheins umspielte sein Gesicht. Bei aller Herbstfrische, die den Tag über noch für gutes Wetter gesorgt hatte, war es unverkennbar, dass bald ein Unwetter drohte.
„Harry, es ist an der Zeit, dass du in etwas tiefere Geheimnisse der Klabautermänner, nein, Zauberer – äh... eindringst. Lord V. wird immer stärker und nur ein mächtiger Zauberer wir ihn zu Fall bringen können.
Da gibt es eine – sagen wir mal geheime Gesellschaft oder Brüderschaft – die seit Jahrhunderten im Verborgenen wirkt. Die ist so geheim, dass sie nichtmal einen Namen hat. Vielleicht kennst Du die Freimauerer, dass ist ein müder Abklatsch davon. Natürlich wissen diese Freimaurer gar nicht, um was es geht, sie suchen ein Geheimnis, von dem sie nicht einmal wissen ob es das überhaupt gibt. Verrückt wie die Hutmacher, wenn du mich fragst.“

Er stand auf und blickte aus seinem Fenster. Grasgrün erstreckte sich Burghof hinunter zum See. Bald würden Nebelschwaden wie Schloßgespenster aus dem See aufsteigen und einen Reigen zur Nacht aufführen.
Harry war etwas verwirrt. So seltsam hatte Dumbledore noch nie gesprochen, es schien, als wüsste er etwas, was er aber nicht sagen wollte, oder vielmehr, er versuchte es auszudrücken, ohne das Kind beim Namen zu nennen.
„Diese Brüderschaft, nennen wir sie der Einfachheit halber Trés, bildet einen Teil des Widerstandes gegen Voldemort. Weltweit durch ein Gelübte verbunden und mächtiger als viele ahnen. Harry, so mächtig, dass viele Angst vor diesem Bund haben...“

„Professor Dumbledore, sprechen Sie vom Orden des Phönix?“

„Ach, Quatsch! Das ist nur ein müder Abglanz, eine Farce, ein Sammelbecken für versprengte Kämpfer – sogar Frauen sind mit dabei. Nein, Harry, ich spreche von einem namenlosen, geheimen und mächtigen Bund, dem nur Männer zugehören dürfen.“ Er sammelte einen kleinen Marienkäfer von der Fensterbank und ließ ihn verträumt über seine Hände laufen.
„Männer, Harry. In Männern schlafen geheime Kräfte, die geweckt werden müssen.
Ich will hier kein Loblied auf Männer anstimmen, Harry, aber es gibt Dinge von denen Frauen einfach nichts wissen und es auch nicht sollten.
Die ganze Welt ist von Kraftlinien, von unterirdischen Strömen gigantischen Ausmaßes durchzogen. Männer haben die Gabe, diese Kräfte zu nutzen.
Die Schlange ist ein Bild dafür. Die Schlange Kundalini. Das hat nichts mit Slytherin zu tun. Keine Bange. Gryffindor war ebenso Mitglied, wie Jaques de Molay, aber das tut hier wenig zur Sache.“

Er faltete seine Hände über seinem Kugelbauch und sah Harry scharf an.
„Du hast viel gelernt und wehrhaft hast du dich in mancher Situation geschlagen – doch das reicht nicht. Lord Vader ist stärker als jeder einzelne von uns. Ein Ruinenrest ist schwer zu verteidigen. Gemeinsam können wir es aber schaffen. Die Gemeinschaft ist stark – stärker als Lord V. Er denkt nur an Macht und an ewiges Leben, aber von Lebenslust, von Freude, von Lachen und Freundschaft hat er keine Ahnung. Das, Harry, ist sein Fehler. Seine große Schwäche. Nur so ist er zu besiegen. Harry, du sagst ja gar nichts!“
„Entschuldigen Sie, Professor, aber...“

„Die Kürbissuppe heute war lecker nicht? Nach meinem Rezept gekocht. Aber verrate es niemandem, schließlich müssen es nicht alle wissen! – Du kannst doch schweigen, oder Harry?“

„Ich verstehe nicht...“

Professor Dumbledore drehte sich um. „Wenn du nicht schweigst, Harry, wirst Du mit einem Betonklotz an deinen Füßen im Burggraben enden. Hast Du mich verstanden?“ Mit ernstem Gesicht sah er Harry prüfend an. „Harry, du wirst mein Novize sein. Nicht der erste, aber vielleicht der Letzte. Denn mein Tod ist gewiss, nur der Zeitpunkt ist unklar, doch es wird bald sein. Du dagegen wirst dich dem dunklen Dings entgegenstellen müssen. Die Kraft dazu kannst du nicht alleine aufbringen. Aber verbunden mit der Kraft, die du durch Kundalini erfahren kannst, wirst du bestehen können.
Es bereitet auch mir kein Vergnügen, aber es wird nicht anders gehen. Komm bitte mit.“

Dumbledore öffnete eine Tür, dort stand ein Bett mit einem gryffindorgrünen Himmel.

„Es geht schnell, mach dich bitte untenrum mal frei. Gerne mache ich das auch nicht, stell dich nicht so an.“
Der Professor machte einen Kussmund.

Schon wenige Augenblicke später war Harry auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum.
Nun war er initiiert. Er gehörte einer geheimen Brüderschaft an, deren Name bestimmt nicht Trés war. Er spürte wie eine Kraft in ihn eingedrungen war, die ihm stärker als alles erschien, das er je gekannt hatte. Doch er musste schweigen, er wollte schweigen.
Er würde bestehen können.

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BeitragVerfasst am: Mi 17 Dez, 2008 16:39 Antworten mit ZitatNach oben

Ich bin geflüchtet.
Es ging nicht mehr. Die Gedanken kreisten und ließen sich nicht stoppen. Vielleicht ist eine bisher unentdeckte Nervenschwäche daran schuld, aber ich hielt es nicht mehr aus.

Es begann mit dem Wetter. Der November ist nicht mein Monat. Seit zwei Wochen nebelt es. Keine Spur von Herbstfrische, und kein Unwetter in Sicht, das mal die Luft klären würde.
Auch der Garten sieht trostlos aus; als hätte meine ganze Arbeit im Sommer keine Früchte getragen. Wo ich Unkraut gejähtet hatte, war alles wieder zugewachsen – nicht weil ich faul war, sondern weil dieser Garten tut, was er will. Hatte ich Rasen gemäht und alles sauber abgeharkt, war es manchmal schon am nächsten Tag wieder die verfilzte Wiese wie zuvor. Hatte ich Brennnesseln ausgegraben – waren sie oft schon am nächsten Tag wieder da.
Nun waberten also Nebelschwaden über struppiges Gras, durch laublose Sträucher und nasse Bäume. Hier und da huscht mal eine Wassermaus durchs Gehölz und an manchem Abend meine ich einen trunkenen Klabautermann im Dickicht herumwanken zu sehen.
Trübe Herbsttage untergraben meine Lebenslust, klamme Kühle kriecht in alle Räume und ich mag mich nur neben dem Ofen aufhalten. Schon habe ich angefangen, sogar mein Bett mit warmen Steinen vorzuwärmen, damit ich nicht im Kalten liegen muss.
Gibt es denn kein kleines bisschen Sonnenschein bis der Fühling graut?
Das alles ist noch nicht genug.
Sonst bin ich recht wehrhaft und versuche, das Beste auch aus dunklen Zeiten zu machen. Ich lesen schöne Bücher, verwöhne meinen Kugelbauch (man ist halt keine zwanzig mehr!) mit bitterer Schokolade und höre gute Musik.

Doch es kam alles noch schlimmer!

***Fortsetzung folgt!***

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BeitragVerfasst am: Di 20 Jan, 2009 23:44 Antworten mit ZitatNach oben

Die See

Ich war ertrunken. Ich wußte es ganz genau. Obwohl ich immer eine gute Schwimmerin war. Hatte ich ganz früh gelernt. Meine Mutter sagte immer “Wie eine Wassermaus, konnte schwimmen eher als laufen”… Aber irgendwas stimmte nicht.
Das hatte sie immer gesagt. Dabei weiß doch jeder, daß es Ratte heißt, Wasserratte. Meine Mutter war gut im Sprichwörter durcheinanderkriegen. Sie sagte auch immer “Lebenslust ist aller Laster Anfang”. Dabei weiß doch jeder, daß es Stoßstange heißt. Jedenfalls, irgendwas stimmte nicht.

Ich war vom Boot gefallen. Danach weiß ich nicht mehr. Der Filmriß ist in Nebelschwaden eingehüllt. Aber ich bin so schmerzfrei und schwerelos. Zum fliegen ist allerdings die Luft zu zähflüssig. Ich suche meinen Körper. Bin orientierungslos. Ah, da. Mein Filmriß kann nur kurz gewesen sein, es ist nichts aufgedunsen. Aber meine Augen sind offen, leblos. Alles dran, doch nur ein Ruinenrest. Kein Licht an und auch niemand zuhause.
Ich würde gern meine Lippen berühren, die gar nicht wächsern aussehen, und wissen, was ich denke.
Ich nehme mich etwas genauer wahr und meine Gedanken bleiben an der einen oder anderen Bauchfalte kritisch hängen. Hätte ich das Unglück verhindern können? Ich versuche, mich an die Bootsfahrt zu erinnern. Wie funktionieren Gedanken eigentlich, ohne Materie? Ein Lied kommt mir in den Sinn “die Gedanken sind frei” – das Immaterielle zieht alle Register und versucht, mich auf allen Sinnen anzusprechen. Hätte ich sie mal alle beisammen gehabt, als das Boot kenterte. Oder wenigstens den sechsten.

War es ein Unwetter? Im Moment scheint alles so ruhig. Ach ja, die Gedanken. Pure Energie. Protonen und Elektronen. Oder so. Die gibt es auch ohne Materie. Oder zumindest waren sie zuerst da. Und bleiben auch zuletzt? Das erinnert mich an das Huhn und das Ei. Alles ist ein Kreislauf. Das hat irgendwie einen tröstlichen Touch. Obwohl ich meine Fruchtbarkeit noch nicht beweisen durfte. Ich stelle fest, daß es mir schwer fällt, melancholisch zu werden. Es ist, als hätte ich Glückskekse überdosiert. Obwohl mein Anblick mitleiderregend ist, ich sehe jetzt so wenig wehrhaft aus. Meine Haare wirken irgendwie grasgrün, aber meine Augen..? Welche Farbe hatten sie nochmal? Ich bin so an ihre Ausdrucksstärke gewöhnt, nicht daß man seine Augen wirklich oft sieht, aber die Leute mochten sie… und jetzt sind sie so… grau, irgendwie.

Komisch, eigentlich habe ich immer erwartet, daß einem nach dem Leben nichts mehr an so Äußerlichkeiten liegt. Aber die scheinende Farblosigkeit meiner Augen nehme ich mit einer Portion Entrüstung wahr, mit mehr Entrüstung zumindest als meinen Kugelbauch vorher. Ach ja, die Sinne, ich bekomme gerade Appetit auf – wie? Das geht doch gar nicht, nach irdischen Gelüsten trachten? Mmmmh, irgendwie doch… Kürbissuppe! Unwahrscheinlich, sofort bin ich erfüllt von einer oralen Erinnerung an eine herbsüße Cremigkeit, ein tolles Gefühl – und völlig ohne Kalorien!

Mir werden zwei Sachen klar. Erstens: Mein Leben hatte einen Sinn, vielmehr viele Sinne, denn alles, was ich erlebt habe, ist in meinen Gedanken vollmundig verankert. Zweitens: Ich kann jede Erinnerung herbeiführen, die ich will. Wie wär’s zum Beispiel mit besserem Wetter? Noch möchte ich mich nicht von meinem Körper trennen, also nehme ich den Anblick mit zu einer Sphäre erfüllt von Sonnenschein und Wärme und angenehm trockenem Untergrund. Sogar ein Marienkäfer krabbelt in dem ganzen Grün als roter Kontrast herum, obwohl ich ansonsten keine lebenden Wesen entdecken kann.

Ich verstehe nicht, warum Menschen hiervor Angst haben – ich möchte, daß alle erfahren, wie es wirklich ist. Mein Wunsch geht sofort in Erfüllung – plötzlich bin ich vor einer Gruppe Unbekannter und versuche, das Wunder zu erklären. Es ist mir nicht möglich, sie laufen schreiend weg. Ich bin einigermaßen erstaunt über diese Reaktion.
Als Kind habe ich natürlich auch die ganzen Geschichten gekannt, Hui Buh das Schloßgespenst und wie sie alle hießen. Doch nie hatte ich das mit der Wirklichkeit verbunden, oder zu phantasieren gewagt, daß ich eines Tages… weiß wie ein Leintuch… ich blicke prüfend an mir herunter und stelle fest, ich existiere nur in meinen Gedanken. Aber wie kann ich denn sehen ohne…? Unwillkürlich fahren meine Arme zum – Moment, ich habe keine Arme! Ein faszinierendes Gefühl – jede eingebildete Sehne weiß noch ihren Platz, so wie honigsüsser Phantomschmerz.

Kann ich meinen Körper auch per Willensdruck verändern, die Augen wieder etwas mit Leben erfüllen? Es will mir nicht gelingen.
Leben. Ich denke nach. Bin ich freiwillig von Bord gegangen? Das erscheint mir die einzig logische Erklärung, aber das wäre merkwürdig. Ich komme mir noch so jung vor. Hat irgendeine unsichtbare Kraft den kleinen Segler so hin und hergeschaukelt, daß er seine Insassen ausspie? War der Klabautermann gekommen, um mir einen Kußmund zuzuwerfen? Wer war noch da? Bin ich allein?
Meine Mutter hätte jetzt gesagt: “Wenn erst das Kind in den Burggraben gefallen ist, ist guter Lobgesang teuer”.

Ich sehe meinen Körper und die Grenzen seines Daseins und fühle mich wunderbar lebendig, als könnte ich lachend durch die Herbstfrische laufen, daß es nur so raschelt. Sofort tue ich es.

Eigentlich bereue ich nicht, aus Prinzip. Das ist nichts für mich, das ist ineffektiv. Aber etwas drängte sich mir nun doch auf, daß ich nie den Beruf der Hutmacherin ergriffen hatte, seit meiner Kindheit ein heimlicher Traum. Das mache ich dann im nächsten Leben.

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BeitragVerfasst am: Mi 17 Jun, 2009 22:33 Antworten mit ZitatNach oben

ein Lobgesang auf der Kugelbauch ist rund.
Das Schlossgespenst sitzt im Burggraben die Lebenslust ist ungebrochen
Sonnenschein folgt auf Regen aber Nervenschwäche ist heilbar
Das Unwetter brachte Regen im Frühling gibt es keine Herbstfrische
Der Hutmacher ist verrückt. die Wassermaus ist sonderbar.
ein Kussmund muss nicht rot sein. denn grasgrün ist die Haselnuss im Ruinenrest
Ein Klabautermann pfeift über Marienkäfer fressen Blattläuse
Kürbissuppe gibt es im Herbst Nebelschwaden auf der Wiese ist wehrhaft

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