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 Briefe in die chinesische Vergangenheit Nächstes Thema anzeigen
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Gimli



Anmeldedatum: 04.10.2004
Beiträge: 697

BeitragVerfasst am: Do 25 Nov, 2004 23:46 Antworten mit ZitatNach oben

Herbert Rosendorfer: Briefe in die chinesische Vergangenheit

Ich habs wieder einmal gelernt - wenn man zu Kitty fährt, braucht man keine Bücher mitzunehmen, die hat selbst genug. Und lieb wie sie ist, drückt sie einem auch immer mal eins in die Hand, damit man was zu tun hat, abends, vor dem Einschlafen ;-)
Wie schon beim letzten Mal war ihre Wahl sehr gut - ich sah mich mit einem Roman von Briefen in die chinesische Vergangenheit konfrontiert.

Der Titel scheint unlogisch, doch schnell klärt sich dieser Zustand:
Der chinesische Mandarin Kao-tai und sein Freund Dji-gu leben im Jahr 1.000 in China, im Reich der Mitte. Sie erfinden einen Zeitkompaß, mit dem man in die Zukunft reisen kann - und so macht sich Kao-tai auf die weite Reise durch die Zeit. 1.000 Jahre will er hinter sich bringen, und das schafft er auch. Völlig verstört blickt er in die Zukunft, die seine Gegenwart geworden ist, und versucht, sie zu verstehen. Von einem A-tao beinahe angefahren wird er zur Polizei gebracht und dort von Herrn Shi-shmi aufgesammelt, der ihn bei sich aufnimmt.

Kao-tai schreibt regelmäßig Briefe an Dji-gu, in denen er von seinen Erlebnissen berichtet. Erstaunliches kann er dort zu Zeitreisepapier bringen:

Bewohner der Zeit, in der er angekommen ist, sind Großnasen, und erst nach einer Weile bemerkt er, daß er nicht mehr in seinem geliebten Reich der Mitte, sondern in Min-chen im Reiche Ba-yan ist.

Langsam lernt er die zunächst unverständliche Sprache der Großnasen, und allmählich blickt er auch durch die eigenartige Kultur. Zu ihm unverständlichen Zeiten erbringen die Großnasen Brandopfer. Opfer müssen es sein, denn es stinkt und brennt in den Augen - wie viel schlimmer muß es da sein, sich die kleinen, glimmenden Röhren auch noch in den Mund zu stecken. Außerdem - stellt Euch das vor - trinken sie Rindermilch!
Sie steigen in fahrende Häuser, die sie auf langen Eisenstangen fahrend von einem Ort zum anderen bringen. Ãœberhaupt sind sie ständig unterwegs.

Es gäbe noch viel zu beschreiben, was Kao-tai im fremden Ba-yan erlebt, so der Kauf des Shao-bos oder der Besuch des weltberühmten Fest des Herbstmondes. Immer vergleicht Kao-tai das Leben in Min-chen mit dem im Reich der Mitte, und so erfährt der Leser einiges von der chinesischen Kultur. Ebenso geht Kao-tai sehr unbefangen an unsere Kultur und Eigenschaften heran, und viele seines Ãœberlegungen stimmen nachdenklich. Warum beispielsweise ist der hochgelobte Fortschritt so gut? Soll man wirklich von sich fort schreiten? Ist alles gut, was neu ist - oder kann es auch schlechter werden?

Zusammenfassend ein wirklich spannend und witzig geschriebenes Buch, bei dem man hin und wieder laut auflachen kann, andererseits aber immer mal nachdenken muß, ob unser Leben so, wie wir leben, wirklich der Weisheit letzten Schluß ist.

Denn - wenn es keine Herren mehr gibt und keine Diener - sind wir dann wirklich alle Herren? Oder doch Diener?
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Harry Sax
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BeitragVerfasst am: Fr 26 Nov, 2004 10:51 Antworten mit ZitatNach oben

Dieses Buch ist auch bei mir vorhanden, und ich gestehe gern, dieses mit großem Vergnügen gelesen zu haben. Und meine Quintessenz wäre: Herren gibts vielleicht kaum mehr, nur ein Heer von Dienern - der Kirche, der Technik, des Staates.

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Gimli



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BeitragVerfasst am: Fr 26 Nov, 2004 11:18 Antworten mit ZitatNach oben

Hm - so würde ich das kaum sehen. Ja, klar, jeder ist Diener seines Arbeitgebers, aber im Grunde ist auch jeder sein eigener Diener. Kao-tai wäre nie auf die Idee gekommen, Kartoffeln zu schälen oder Staub zu saugen. Wir machen das selbstverständlich, und sind somit nicht der Herr, der befielt, sondern der Diener, der arbeitet.
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Harry Sax
Hüter der Papierberge


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BeitragVerfasst am: Fr 26 Nov, 2004 12:26 Antworten mit ZitatNach oben

Man kann das auch so ausdrücken: wir sind Herren und Diener zugleich, und manche verwechseln das mit einem Verhalten, für das der böse Begriff "Radfahren" geprägt wurde.

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BeitragVerfasst am: Fr 26 Nov, 2004 14:07 Antworten mit ZitatNach oben

Harry, ich stimme dir aber zu: Wir sind oftmals Diener der Technik.
Läutet das Telefon springen wir wie ein Lakaie auf, egal welcher schönen Tätigkeit wir gerade gefrönt haben; und sei es ein angeregtes Gespräch. Seitdem jedermann ein "Hän di" hat, muss man selbst (Zitat) "beim Beischlaf in Habachtstellung sein".
Die Essenszeiten werden nach dem Fernsehprogramm ausgerichtet, und die Sofas und Sessel sind dem schmucklosen Altar zugewand.
Wir quälen unsere unterschiedlichen Finger auf genormte Tastaturen, und werden bald gezwungen sein, unsere Handschrift maschinenlesbar zu gestalten.
Sicher, ich langweile euch, aber das ist unsere schönen neue Welt.

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Karl Kraus
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Harry Sax
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BeitragVerfasst am: Fr 26 Nov, 2004 15:12 Antworten mit ZitatNach oben

Und was der einen Zeit der "Hintertreppenroman", also Groschenhefte für die Dienerschaft, war, ist heute die sogenannte "Soap Opera".

Außerdem sind wir in der heutigen Zeit auch oft wieder "Diener zweier Herren", also mindestens Handy und Computer, und verschanzen etliche eigene Fehler hinter denen des Computers.

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BeitragVerfasst am: Fr 26 Nov, 2004 16:37 Antworten mit ZitatNach oben

Allerdings gehen viele Menschen auch eine Art intime Bindung mit ihrem Rechner ein; sie vergeben Namen, betrachten einen Computer als "Wesen" sprechen, schimpfen mit ihm/ihr. Streicheln zur Besänftigung den Monitor, wenn der Rechner hakt, oder treten und boxen, falls Windows mal wieder nicht das will was man selber möchte...

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Harry Sax
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BeitragVerfasst am: Fr 26 Nov, 2004 17:20 Antworten mit ZitatNach oben

Ja, das ist die Crux derer, die windoof benutzen. Der MAC hingegen hört meistens auf das, was sein User möchte.

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BeitragVerfasst am: So 28 Nov, 2004 17:23 Antworten mit ZitatNach oben

Ich melde mich mal ganz kurz aus dem Urlaub und quaele mich mit einer spanischen Tastatur.

Ein herrliches Buch und sehr zeitkritisch..


Viel Spass noch hier und bis naechste Woche

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Harry Sax
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BeitragVerfasst am: Di 30 Nov, 2004 13:39 Antworten mit ZitatNach oben

Leider ist das Buch schon vor vielen Jahren verfaßt worden. Was Kao Tai jetzt über das Han Di schreiben würde, kann man sich vielleicht sogar vorstellen ...

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BeitragVerfasst am: Di 30 Nov, 2004 13:41 Antworten mit ZitatNach oben

Es gibt doch eine Fortsetzung: Die große Umwendung. Schon gelesen?

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Harry Sax
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BeitragVerfasst am: Di 30 Nov, 2004 14:57 Antworten mit ZitatNach oben

Nein. Wo erschienen und wann? Eventuell bereits vergriffen?

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BeitragVerfasst am: Di 30 Nov, 2004 15:00 Antworten mit ZitatNach oben

Bitte sei so gut und guck selber bei Amazon oder buchhandel.de nach, wenn Du die Daten haben willst. Und nein, es ist nicht vergriffen. Gibt beide Bücher noch.

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